Extrablatt

Nachdem bereits Lewis Milestone („The Front Page“, 1931) und Howard Hawks („Sein Mädchen für besondere Fälle“, 1940) das Theaterstück „The Front Page“ (dt. „Reporter“) von Ben Hecht und Charles MacArthur verfilmt hatten, inszenierte auch Komödien-Spezialist Billy Wilder 1974 mit „Extrablatt“ eine flotte Adaption, in der sich Walter Matthau und Jack Lemmon munter die fetzigen Dialogzeilen zuspielen und trotz der sehr reduzierten Kulisse für Tempo sorgen.
Während seine Kollegen von den anderen Zeitungen im Presseraum des Gerichtsgebäudes gespannt die Vorbereitungen auf die Hinrichtung des geisteskranken Mörders Earl Williams (Austin Pendleton) warten, bereitet sich „Chicago Examiner“-Top-Reporter Hildy Johnson (Jack Lemmon) darauf vor, seine Verlobte Peggy (Susan Sarandon) zu heiraten und beim Bruder seines zukünftigen Schwiegervaters in der Werbebranche zu arbeiten.
Hildy will sich nur noch von seinen Kollegen verabschieden, als bekannt wird, dass Williams bei der ärztlichen Abschlussuntersuchung eine Waffe an sich bringen und fliehen konnte. Während Reporter und Polizei sich auf die Suche nach Williams machen, bringt Hildy den angeschossenen Todeskandidaten schließlich im Schreibtisch eines Kollegen unter und leckt nun doch noch einmal Blut für eine letzte aufregende Titelstory. Sein skrupelloser Herausgeber Walter Burns (Walter Matthau) ist so begeistert von der exklusiven Story, die sich seinem Blatt anbietet, dass er sich persönlich der Sache annimmt und alles in die Wege leitet, Williams samt Schreibtisch aus dem Presseraum zu bringen. Doch dann geraten Burns und Hildy ins Visier des Sheriffs und der zurückgekehrten Pressekollegen …
Bereits mit dem Vorspann etabliert Meisterregisseur Billy Wilder („Das Appartement“, „Manche mögen’s heiß“) eine authentische Atmosphäre, in der Schriftsetzer und schnell rotierende Zeitungspressen das schnelle Geschäft um schlagkräftige und verkaufsfördernde Schlagzeilen symbolisieren. Der Großteil der Filmhandlung spielt sich dann tatsächlich wie auf einer Theaterbühne in dem engen Pressezimmer ab, wo die Boulevard-Reporter die Wartezeit bis zum großen Moment mit Kartenspielen und alkoholischen Getränken verbringen bzw. ihre Meldungen per Direktleitung an ihre Redaktionen übermitteln. In diesem lockeren Umfeld regieren flotte Sprüche und ein herzlich-rauer Umgangston. Hildys Verlobte Peggy versucht vergeblich, ihren Verlobten zum Zug zu lotsen, weil dieser mit der Flucht des Schwerverbrechers Williams eine weitere große Story wittert. Doch so richtig Klasse gewinnt das komödiantische Drama erst, als Walter Matthau die Bühne betritt und mit seiner coolen, derben Art die Zügel der Handlung in die Hand nimmt. Zwar wird in einer Nebenhandlung auch die bevorstehende Bürgermeisterwahl und die tollpatschige Ermittlungsarbeit des Sheriffs (Vincent Gardenia) thematisiert, doch der Fokus liegt eindeutig auf der sehr lockeren Art, wie Reporter ihre Geschichten ausschmücken, um sie an die Leser ihrer Zeitungen zu bringen.
Dabei geht Wilder in seiner 1929 angesiedelten Adaption wenig in die Tiefe, schafft es aber gerade dank des eingespielten Darsteller-Duos Matthau/Lemon, dieses Manko durch ein knackiges Erzähltempo und fetzige Dialoge auszugleichen.
"Extrablatt" in der IMDb

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