5x2 - Fünf mal zwei
Der französische Filmemacher François Ozon ist seit seinen Frühwerken wie „Sitcom“ (1998) und „Ein kriminelles Paar“ (1999) für oft kontroverse, immer aber etwas unkonventionelle Werke bekannt. Nach seinen großen Erfolgen mit „8 Frauen“ (2002) und dem Remake des Klassikers „Swimming Pool“ (2003) präsentierte Ozon 2004 mit „5x2 – Fünf mal zwei“ ein intimes Liebesdrama, das seine Besonderheit vor allem dem Kniff verdankt, die Geschichte eines Ehepaars von der Scheidung an rückwärts bis zum ersten Kennenlernen zu erzählen.
Inhalt:
Gilles (Stéphane Freiss) und Marion (Valeria Bruni Tedeschi) sitzen vor dem Scheidungsrichter und lassen sich alle notwendigen Paragrafen, rechtlichen Details und Bestimmungen zum Umgang mit ihrem gemeinsamen Sohn Niclas vorlesen, was sie bereitwillig, aber resigniert zur Kenntnis nehmen.
Nach dem Absolvieren des unerfreulichen Termins, der das Scheitern ihrer Beziehung offiziell gemacht hat, gehen sie in ein anonymes Hotelzimmer, ziehen sich aus, wobei Marion verschämt mit einem Handtuch bedeckt ins Bett schlüpft. Doch als der nacheheliche Sex vollzogen werden soll, macht Marion einen Rückzieher, von dem sich Gilles allerdings nicht beeinflussen lässt. Nachdem er sich mit Gewalt genommen hat, wozu sich seine Ex-Frau anfangs noch bereit erklärt hat, verlässt Marion ohne ein Wort das Zimmer.
In vier weiteren Episoden wird die Geschichte von Gilles und Marion erzählt – und zwar in umgekehrter chronologischer Reihenfolge. Wie sehr es in ihrer Beziehung gekriselt hat, wird an einem Abend verdeutlicht, bei dem Gilles Bruder Christophe (Antoine Chappey) mit seinem weitaus jüngeren Geliebten Mathieu (Marc Ruchmann) zu Besuch kommt. Als Mathieu nach dem Essen erzählt, dass er seinen Geliebten bereits einige Male betrogen hat, gibt auch Gilles freimütig zu, dass er seine Frau vor einem Jahr auf einer unerwarteten Swinger-Party mehrfach betrogen hatte.
Allerdings hätte Marion ihn dazu förmlich angefeuert, mit verschiedenen Partnern Sex zu haben, während sie nur zuschauen wollte. Marions Gesichtsausdruck verrät allerdings, wie sehr sie offenbar unter dieser Situation gelitten hat. Auch bei der schwierigen Geburt von Niclas hatte Marion nicht nur mit den Komplikationen zu kämpfen, die zu einem Kaiserschnitt führten, sondern auch mit der Warterei auf ihren Mann, der zwar wie versprochen sofort seine Arbeit beendet hatte, aber aus unerfindlichen Gründen erst drei Stunden später im Krankenhaus auftauchte…
Kritik:
François Ozon erzählt mit „5x2 – Fünf mal zwei“ eine gewöhnliche Geschichte auf unkonventionelle Weise und zwingt sein Publikum dazu, sich ständig Gedanken über die Vorgeschichte der Ehe von Gilles und Marion zu machen. Bereits mit der Eingangsszene des offiziellen Scheidungstermins fragt man sich als Zuschauer unweigerlich, wie eine Beziehung zwischen zwei Menschen, die sich einmal geliebt haben, an so einen demütigenden Punkt gelangen konnte, und noch neugieriger wird man durch die anschließende Szene der Verabredung zum Sex in einem Hotelzimmer.
Indem Ozon anschließend nur einzelne Momente der Ehe herausnimmt, die den Charakter der Beziehung beschreiben, setzt er auf intelligente Weise das Puzzle zusammen, dessen Einzelteile das Publikum nach und nach vorgelegt bekommt. Gleichsam arbeitet der Filmemacher pointiert heraus, woran Beziehungen generell zu scheitern scheinen. Marion und Gilles stellen dabei nur Archetypen dar, deren persönlicher Hintergrund kaum herausgearbeitet wird; ihre Probleme sind universell. Marion wirkt zunächst wie unterwürfige Frau, Gilles wie der typische Macho, den Frauen nur so lange interessieren, bis er sie gehabt hat.
Symptomatisch erscheint hier die Szene, wie er in der Hochzeitsnacht vor dem Verkehr einschläft. Hier überrascht aber Marion wiederum mit ihrem Drang, sich in ihre Alltagskleidung zu werfen und sich am Strand auf eine kurze Affäre mit einem Fremden einzulassen. Man merkt schnell, dass es um Vertrauen, Grenzüberschreitungen, heimlichen und sanktionierten Ehebruch, unartikulierte und Bindungs-Ängste geht.
Auch filmisch setzt Ozon sein Beziehungsdrama eigenwillig um. Während die Geschichte an Ingmar Bergmans „Szenen einer Ehe“ erinnert, bricht Ozon nicht nur mit der Chronologie, sondern fokussiert sich auf kurz skizzierte Schlüsselmomente, für die er, je weiter er in die Vergangenheit von Marion und Gilles zurückgeht, die Räume öffnet, vom beengten Richterzimmer und dem schmucklosen Hotelzimmer über das Wohnzimmer bis zur Hochzeitsgesellschaft und der Weite des Meeres. Dazu hat er passende italienische Chansons wie Paolo Contes „Sparring Partner“, Gino Paolis „Sapore Di Sale“ und Bobby Solos „Una Lacrima Sul Viso“ ausgewählt, die den perfekten Soundtrack für das auch sehr sinnlich inszenierte Drama bilden, das nicht nur wunderbar inszeniert, sondern auch grandios von Carla Brunis Schwester Valeria Bruni Tedeschi („Eher geht ein Kamel durchs Nadelöhr“, „Meeresfrüchte“)
und Stéphane Freiss („München“, „Hereafter – Das Leben danach“) grandios gespielt ist.
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