Auf Liebe und Tod

Dass François Truffaut ein besonderes Faible für den amerikanischen Film noir hegte, demonstrierte er bereits mit seinem zweiten Spielfilm, der humorvollen Hommage „Schießen Sie auf den Pianisten“ (1960). Später folgte mit der Cornell-Woolrich-Adaption „Die Braut trug Schwarz“ (1968) ein weiterer Ausflug in das bis heute einflussreiche Genre der Schwarzen Serie. So schloss sich 1983 mit „Auf Liebe und Tod“ der Kreis, denn es sollte der letzte Film des Nouvelle-Vague-Mitbegründers sein. 1984 starb Truffaut im Alter von nur 52 Jahren an einem Gehirntumor. 

Inhalt: 

Während der Entenjagd wird Jacques Massoulier (Jean-Pierre Kalfon) durch einen anderen Jäger mit einem Kopfschuss hingerichtet. Ebenfalls in der Nähe des Tatorts befindet sich der Immobilienmakler Julien Vercel (Jean-Louis Trintignant), der noch die Türen von Massouliers Porsche schließt, bevor er selbst mit dem seinem Wagen ins Büro fährt, wo seine Sekretärin Barbara Becker (Fanny Ardant) gerade seine Marie-Christine (Caroline Sihol) am Apparat hat. 
Als Barbara ihrem Chef den Hörer weiterreicht, beschwert sich Vercels Frau, die gerade in Nizza weilt, bei ihm über die impertinente Art seiner Sekretärin, worauf er sie entlässt und nach Hause fährt. Dort erhält er einen anonymen Anruf von einer Frau, die ihn über die Affäre von Marie-Christine mit Massoulier informiert, was diese bei ihrer Rückkehr aus Nizza auch offen zugibt. Kurz darauf klingelt die Polizei an Vercels Tür und bittet ihn aufs Präsidium, wo er von Kommissar Santelli (Philippe Morier-Genoud) verhört wird, weil Vercel als einziger registrierter Jäger das Kaliber der Mordwaffe benutzt und so des Mordes verdächtigt wird. 
Vercel kontaktiert seinen Anwalt, Maître Clément (Philippe Laudenbach), der ihn nach dem Verhör nach Hause bringt. Dort findet er seine Frau ermordet vor. Vercel sucht Barbara während der Probe mit einer Gruppe von Laiendarstellern im Theater auf und bittet sie um Hilfe. Während sich Vercel selbst versteckt hält, stellt Barbara eigene Nachforschungen an, um dem wahren Mörder auf die Spur zu kommen. Eine erste Fährte führt sie nach Nizza, wo Vercels ermordete Gattin nicht etwa wie vorgegeben als Kosmetikerin gearbeitet hat, sondern im Rotlichtmilieu… 

Kritik: 

In seiner Verfilmung von Charles Williams‘ Roman „The Long Saturday Night“ verbeugt sich Truffaut zwar vor dem Film noir, greift typische Elemente wie die Schwarzweiß-Fotografie, den Trenchcoat, die Dunkelheit, den Regen und die Femme fatale auf, doch untergräbt er das Genre auch, indem er die Geschichte auf die Perspektive der Frau umlagert und sie zur Heldin macht, die ihrem ehemaligen Chef dabei zu helfen versucht, seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Das erlaubt Truffaut, seiner damaligen Muse Fanny Ardant eine große Bühne zu bieten, auf der sie äußerst elegant und mit verschmitztem Lächeln auf Spurensuche geht und schließlich das Herz ihres in Not geratenen Chefs gewinnt. Tatsächlich wird erst zum Schluss der wahre Täter entlarvt, womit der Film ein genretypisches Ende gefunden hätte, doch Truffaut macht sich einen Spaß daraus, noch eine romantisch-komödiantische Pointe hinzuzufügen. 
So ist „Auf Liebe und Tod“ eine großartig gefilmte Film-noir-Hommage mit parodistischen und humorvollen Elementen geworden, die in einigen Kameraeinstellungen zudem Truffauts Verehrung für Regisseure wie Alfred Hitchcock und Stanley Kubrick offenbart. 

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