Find Me Guilty

Auch wenn John Grisham mit seinen allesamt erfolgreich verfilmten Bestsellern „Die Firma“, „Die Akte“, „Die Jury“, „Der Klient“ und „Die Kammer“ als Aushängeschild des Justiz-Thrillers gilt, gab es prominente Gerichtsdramen natürlich auch schon vorher, darunter Sidney Lumets Regiedebüt „Die zwölf Geschworenen“ (1957) mit Henry Fonda in der Hauptrolle. Fast fünfzig (!) Jahre später zog es den Meisterregisseur („Der Mann in der Schlangenhaut“, „Network“, „Serpico“) erneut in den Gerichtssaal. Mit „Find Me Guilty – Der Mafiaprozess“ (2006) verfilmte er den am längsten dauernden Mafiaprozess in den Vereinigten Staaten.

Inhalt:

Nachdem der Drogendealer Jackie DiNorscio (Vin Diesel) von seinem eigenen, zugedröhnten Cousin Tony Compagna (Raúl Esparza) angeschossen und aus dem Krankenhaus entlassen worden ist, wird er bei einem Drogendeal festgenommen und zu dreißig Jahren Haft verurteilt. Aus Angst vor Jackies Rache vertraut sich Tony dem FBI an, das ohnehin nach dem RICO- Act (Racketeer Influenced and Corrupt Organizations Act) gegen die mächtige Calabrese-Familie vorgeht und neben Jackie zwanzig weitere Mitglieder der Mafia-Organisation anklagt. Da Jackie mit bereits dreißig zu verbüßenden Jahren nichts zu verlieren hat und sein letzter Anwalt keine große Hilfe war, beschließt Jackie, sich vor Gericht selbst zu verteidigen. Seine fehlende juristische Erfahrung versucht er vor den Geschworenen durch seinen Humor wettzumachen: „I’m not a gangster, I’m a gagster“, betont er bereits im Eröffnungsplädoyer. Während die Jury durchaus empfänglich für Jackies Vorstellung als Witzbold ist, schlagen die Calabreses und ihre Verteidigung die Hände über den Kopf zusammen. In der Mittagspause befiehlt der Pate Nick Calabrese (Alex Rocco) dem Clown sogar, seinen Namen nicht noch einmal in den Mund zu nehmen. Nach mehreren Monaten, in denen Jackie den Gerichtssaal regelrecht in eine Zirkusveranstaltung verwandelt hat, stellt der Richter ihm ein Ultimatum. Und tatsächlich: Jackie ändert sein Verhalten und versucht sich seriöser zu benehmen. Staatsanwalt Sean Kierney (Linus Roache) jedoch nutzt jede Gelegenheit und Schwäche von Jackie aus. Bei einer Leibesvisitation kurz vor dem Verhör von Tony Compagna eskaliert die Situation und Jackie wird von den Wärtern zusammengeschlagen. Verletzt erscheint er im Gerichtssaal, schweigt jedoch zu den Fragen von Richter Sidney Finestein (Ron Silver) und gibt an, hingefallen zu sein. Er verzichtet später darauf, seinen drogensüchtigen Cousin ins Kreuzverhör zu nehmen.
Nach zwei Jahren ist der Prozess zu Ende und Anklage und Verteidigung halten ihre Schlussplädoyers. Der Verteidiger der Familie plädiert, dass die Angeklagten nur wegen ihrer italienischen Herkunft angeklagt seien und nichts bewiesen sei. Jackie beschwört die Jury nicht seine Freunde zu bestrafen und von ihren Familien zu trennen, sondern stattdessen ihn alleine für schuldig zu befinden, da er sowieso 30 Jahre absitzen muss…

Kritik:

Sidney Lumet hat in seiner fünfzigjährigen Filmkarriere eine Vielzahl von Filmen inszeniert, in denen es um die schmale Gratwanderung in den Bereichen von Moral und Gerechtigkeit ging, auf Seiten der Polizei ebenso wie in der Staatsanwaltschaft. Den ultralangen Prozess, der 1986 bis 1988 gegen zwanzig Mitglieder der Lucchese-Familie in Newark (New Jersey) nahe New York City geführt wurde, nahm Meisterregisseur Sidney Lumet zum Anlass, das Genre des Gerichtsthrillers durch eine humorvolle Note aufzupeppen. Der für seine Rolle mit einer Perücke versehene und einer Menge Speiseeis aufgeblähte Action-Star Vin Diesel („Pitch Plack“, „xXx“) überrascht als Besetzungscoup in einer charismatischen Rolle, mit der er nicht nur die Geschworenen, sondern auch das Kinopublikum auf seine Seite zieht. Der Prozess wird dabei fast schon zur Nebensache, macht aber vor allem deutlich, dass Jackie ein durch und durch loyales Mitglied der Calabrese-Familie ist. Seine emotionale Seite darf er zudem in einer intimen Besuchsszene im Gefängnis zur Schau stellen, als seine Ex-Frau (Annabella Sciorra) auftaucht. Lumet gibt sich viel Mühe, die Staatsanwälte als strenge Prinzipienreiter und den Calabrese-Clan als temperamentvolle Bande zu portraitieren, die zwar skrupellos Verbrechen verüben, für die die Familie aber alles bedeutet. Da werden etliche Klischees bemüht, aber unterhaltsam ist die Show, die Vin Diesel, aber auch der kleinwüchsige Peter Dinklage als Mafia-Anwalt und Ron Silver als Richter abliefern, allemal.

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