Tödliche Fragen
Sidney Lumet hat seit seinem hervorragenden
Regiedebüt „Die zwölf Geschworenen“ (1959) immer wieder mit dem
Themenkomplex Macht, Reichtum, Gewalt und Gerechtigkeit auseinandergesetzt, wobei
er sich mit den Cop-Dramen „Serpico“ (1973) und „Prince of the City“
(1981) explizit und meisterhaft mit der Korruption bei der Polizei in New York auseinandersetzte.
Auch wenn er 1990 mit „Tödliche Fragen“ ein weiteres Mal im New Yorker
Polizeisumpf wühlte, kommt der Film nicht ganz an die vorgenannten Meisterwerke
heran.
Inhalt:
Der New Yorker Police Lieutenant Mike Brennan (Nick Nolte)
taucht mitten in der Nacht vor den Türen eines „Members only“-Nachtclubs auf
und sorgt durch den Transvestiten Roger Montalvo (Paul Calderon), der
als Informant für die Polizei arbeitet, dafür, dass Tony Vasquez (Harry
Madsen) frische Luft schnappt und von Brennan erst mit einem Kopfschuss
getötet wird und dann eine Waffe in die Hand gedrückt bekommt. Um drei Uhr morgens
ruft Kevin Quinn (Patrick O’Neal), Leiter des Büros der Mordkommission
bei der Staatsanwaltschaft im Staat New York, den assistierenden Staatsanwalt
Aloysius „Al“ Francis Reilly (Timothy Hutton) an und beordert ihn in
sein Büro. Ein Streifenwagen bringt den frischgebackenen, jungen Anwalt, Sohn
eines irisch-stämmigen Polizeibeamten, der bei Ausübung seines Dienstes getötet
wurde, zu dem hohen Vorgesetzten. In Quinns Büro wird Reilly instruiert, den
Routine-Fall einer Notwehr sauber vor Gericht abzuschließen. Nötig sei dazu nur
eine detaillierte Protokollierung der Aussagen von Brennan und den Zeugen.
Als Reillys Spur zu dem puerto-ricanischen Gangsterboss
Roberto Texador (Armand Assante) führt, trifft er bei den Untersuchungen
auf seine ehemalige Liebe Nancy Bosch (Jenny Lumet), die mittlerweile
mit Texador verheiratet ist. Mit Bobby Texadors Hilfe deckt Reilly ein Komplott
auf, das weit über die Person Mike Brennan hinausgeht. Schließlich erwirkt er
einen Haftbefehl gegen Brennan…
Kritik:
Die sorgfältig wie skrupellos inszenierte Ermordung eines
lateinamerikanischen Pushers zu Beginn von „Tödliche Fragen“ zu Beginn
lässt keine Zweifel daran aufkommen, dass Meisterregisseur Sidney Lumet („Hundstage“,
„Network“) mit der Verfilmung von Edwin Torres‘ Roman „Q & A“
einmal mehr die Korruption innerhalb der Polizei anprangert. Was von dem
rassistischen, harten Hund Brennan, den Staatsanwalt Quinn als einer der „Besten“
bezeichnet, als Notwehr tituliert wird und schnell zu den Akten gelegt werden
soll, entwickelt sich unter dem jungen, aber überaus integren Staatsanwalt Reilly
zu einem brisanten Fall, der nicht nur den Rassismus innerhalb des gesamten Apparats
des Strafvollzugs, sondern auch die damit verbundene Korruption und die Gier
nach ruhmvollen Ämtern bloßstellt. Lumet schrieb das Drehbuch zur
Romanvorlage von Torres, der als Sohn puerto-ricanischen Einwanderer in
den 1970er Jahren als Richter in New York gearbeitet hatte. Er lässt die
Vorurteile zwischen den irischen, schwarzafrikanischen, jüdischen und
puerto-ricanischen Cops und Gangstern in lautstarken Auseinandersetzungen explodieren,
beschreibt fast schon lapidar, wie Staatsanwälte um höhere politische Ämter
buhlen und Cops unter einer Decke mit den Gangstern stecken, damit jeder seinen
Schnitt machen kann. Für einen noch unerfahrenen Anwalt wie Reilly ist da
natürlich schwer gegenanzukämpfen, weshalb er Unterstützung durch den alten
Hasen Bloomenfeld (Lee Richardson) erhält. Lumet inszeniert die aus
mehreren Perspektiven geschilderte Handlung gewohnt souverän, hätte sich die
Lovestory zwischen Timothy Hutton und Sidney Lumets Tochter aber
sparen können, um stattdessen die wesentlichen Akteure in diesem perfiden Spiel
genauer unter die Lupe zu nehmen. So ist es vor allem den großartigen
Darstellern Nick Nolte und Armand Assante zu verdanken, dass „Tödliche
Fragen“ trotz des fast schon zum Klischee verkommenen Themas packend zu
unterhalten versteht.








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