Das Haus in der Carroll Street

Peter Yates hat sich Ende der 1960er Jahre mit den Thrillern „Millionen-Raub“ und vor allem „Bullitt“ einen Namen machen können, anschließend aber auch viele eher durchschnittliche Filme inszeniert, unter denen die Thriller „Die Tiefe“, „Krull“ und „Suspect – Unter Verdacht“ noch am bekanntesten sein dürften. 1988 nahm er sich eines Drehbuchs von Walter Bernstein an, der 1950 während der McCarthy-Ära auf der schwarzen Liste landete, womit zwar kein Berufsverbot einging, doch für wurde er für Hollywoods Filmstudios zur Persona non grata. „Das Haus in der Carroll Street“ fängt die Stimmung der Paranoia jener Ära ein und thematisiert den Umgang der Amerikaner mit den Nazi-Verbrechen.

Inhalt:

New York im Jahr 1951: Ms. Emily Crane (Kelly McGillis), eine Assistentin in der Bildredaktion des Life Magazine und Angehöriger einer liberalen politischen Organisation, wird vor dem House Committee on Un-American Activities (HUAC) vernommen. Der Vorsitzende Ray Salwen (Mandy Patinkin) wirft ihr vor, bei der Bildauswahl für das auflagenstarke und einflussreiche Magazin fragwürdige politische Tendenzen zu zeigen. Das Komitee, dem auch Senator Byington (Remak Ramsay) angehört, ist sich nach der Weigerung Miss Cranes, die Namen ihrer Informanten zu offenbaren, durchweg einig, dass sie im Sinne der Anklage schuldig sei. Kurz darauf wird Emily Crane von den FBI-Agenten Mike Cochran (Jeff Daniels) und Joe Hackett (Kenneth Welsh) bespitzelt und vom Chefredakteur des Life Magazines (Brian Davies) mit einer Abfindung entlassen. Auf dem Weg zu einem Vorstellungsgespräch wird Emily Crane auf der Straße von den beiden FBI-Agenten angesprochen, verweigert aber die Aussage. Sie fragt einen jungen Mann (Christopher Buchholz), der offensichtlich deutscher Herkunft ist, nach dem Weg. Schließlich erreicht sie das Haus der alten Miss Venable (Jessica Tandy), die eine Annonce wegen einer Vorleserin aufgab. In der Nachbarschaft wird Emily einige Tage später auf ein lautes Gespräch in einem Haus gegenüber aufmerksam und sieht dort am Fenster den Mann, der ihr kürzlich den Weg zu finden half, und Ray Salwen. Mit der Hilfe des FBI-Agenten Cochran kommt sie einer Gruppe von Verbrechern auf die Spur, die mit Hilfe von Salwen ehemalige Nazis in die USA schmuggeln...

Kritik:

Mit dem Verhör der Life Magazine-Bildredakteurin Emily Crane vor dem Komitee für unamerikanische Umtriebe fangen Peter Yates und sein begnadeter Kameramann Michael Ballhaus schon zu Beginn die rücksichtslose Jagd der Republikaner auf alles ein, was auch nur im Ansatz kommunistisch sein könnte. Doch aus dem interessanten Ansatz, der durch Emilys Beobachtung im Hof ihrer Arbeitgeberin noch zugespitzt wird, macht Yates zu wenig. Statt sich auf das Spannungsfeld zwischen politischen Strippenziehern und in der Minderheit scheinenden demokratischen Kräften zu konzentrieren, verzettelt sich der Plot in der Verwicklung US-amerikanischer Dienste und Funktionäre auf der einen und der unnötig aufgeblasenen Beziehung zwischen Emily Crane und Mike Cochran auf der anderen Seite. Auch wenn sich Yates in der Inszenierung augenscheinlich bei Vorbildern wie Alfred Hitchcock und Brian De Palma bedient – vor allem in dem furiosen Finale im Bahnhof -, baut er doch nie die Spannung auf, die der Stoff an sich möglich machen würde. Das liegt nicht nur an der zerfaserten Dramaturgie, sondern auch an der fehlenden Chemie zwischen Jeff Daniels („Gefährliche Freundin“, „The Purple Rose of Cairo“) und Kelly McGillis („Der einzige Zeuge“, „Angeklagt“). So bleibt „Das Haus in der Carroll Street“ ein routiniert inszenierter, brillant fotografierter, aber leidlich spannender Polit-Thriller, der ein dunkles Kapitel der amerikanischen Nachkriegsgeschichte über die Beteiligung von Nazi-Verbrechern zur Ausarbeitung neuer Kriegsstrategien nur unzureichend beleuchtet.

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