Seit seinem Regiedebüt mit „American Diner“ (1982)
hat sich Barry Levinson zu einem der profiliertesten Autoren, Produzenten
und Regisseur in Hollywood entwickelt, der mit Stars wie Al Pacino, Robert
De Niro, Michael Douglas, Warren Beatty, Brad Pitt, Robin Williams, Dustin
Hoffman, Robert Redford und Bill Murray zusammengearbeitet hat.
Gleich vier seiner Filme hat er in seiner Heimatstadt Baltimore spielen lassen,
nach „American Diner“, „Tin Men“ und „Liberty Heights“ siedelte Levinson
auch sein vierfach Oscar-nominiertes Drama „Avalon“ (1990) in der Stadt
spielen, in der er seine Jugend verbracht hat.
Inhalt:
Der jüdische Immigrant Sam Krichinsky (Armin
Mueller-Stahl) erinnert sich und seine Familie immer wieder gern daran, wie
er am Unabhängigkeitstag des Jahres 1914 nach Baltimore gekommen ist und sich durch
das Feuerwerk am Himmel am schönsten Ort der Welt wähnte. Anfangs waren die fünf
Männer in der Familie durch ihre gemeinsame Tätigkeit als Tapezierer dafür
verantwortlich, die Familie zusammenzuhalten, doch spätestens als seine Söhne
Jules (Aidan Quinn) und Izzy (Kevin Pollak) ihre Nachnamen ändern
und als Geschäftsleute Karriere machen, entfernen sich die Mitglieder des
Krichinsky-Clans räumlich und innerlich voneinander. Als Sam beim traditionellen
Thanksgiving-Essen erstmals darauf verzichtet, beim Anschneiden des Truthahns
auf seinen stets zu spät kommenden älteren Bruder zu warten, kommt es zum
Eklat. Und auch Jules und Izzy geht nach der erfolgreichen Eröffnung ihres
Discount-Warenhauses das Glück aus…
Kritik:
Wenn Barry Levinson, der auch für das Drehbuch von „Avalon“
verantwortlich zeichnet, Sam zu Beginn als jungen Mann mit einem Koffer in der
Hand staunend in den Himmel blicken lässt, wo er all die Lichter des Feuerwerks
bewundert, meint sich auch das Publikum wie in einem Märchen zu befinden. Es
ist der Beginn einer einfühlsam erzählten Familiengeschichte jüdischer
Immigranten, von denen Patriarch Sam vor allem bei den regelmäßigen Zusammenkünften
gern von seiner Ankunft in Amerika und seinen Erlebnissen als Tapezierer und
Nachtclubbesitzer erzählt.
„Avalon“ präsentiert sich so früh als ein Film des
Erinnerns und Erzählens, aber auch des Wandels durch die Industrialisierung,
die die Familie zunehmend voneinander entfremdet, wenn Jules und Izzy beispielsweise
ihre Karriere vorantreiben und im Zuge dessen ihre Nachnamen amerikanisieren und
kürzen. Das führt zwar zu mehr Wohlstand und dem Umzug aus einer beengenden Reihenhaussiedlung
in eine Villengegend, doch trägt diese Entwicklung auch zum Zerfall der Familie
bei.
Levinson verzichtet dabei auf eine Einbettung des
Familienschicksals in den gesellschaftlichen Kontext des Ersten und des Zweiten
Weltkriegs, Prohibition und Börsencrash, sondern bleibt ganz bei den Krichinskys.
Das wirkt stellenweise gut beobachtet, über die gesamte Spiellänge allerdings auch
fragmentarisch, so dass man vielen Figuren nicht wirklich nahekommt. Besonders
erwähnenswert ist der spätere Frodo-Darsteller Elijah Wood in einer
seiner ersten großen Rolle als Sams Enkel Michael und die Oscar-nominierte
Musik von Randy Newman.
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