Die Angst des Tormanns beim Elfmeter

Ähnlich wie Rainer Werner Fassbinder, Volker Schlöndorff und Werner Herzog zählt auch Wim Wenders zu den herausragenden Autorenfilmern in Deutschland. Nach seinem zweieinhalbstündigen Abschlussfilm „Summer in the City“ für die Hochschule für Fernsehen und Film in München (1970), der nach wie vor einer offiziellen Veröffentlichung harrt, präsentierte Wenders 1972 mit der Verfilmung von Peter Handkes Erzählung „Die Angst des Tormanns beim Elfmeter“ sein offizielles Langfilmdebüt. 

Inhalt: 

Während sich das Spielgeschehen auf der anderen Seite des Platzes abspielt, zieht Josef Bloch (Arthur Brauss) seine Torwarthandschuhe aus, trocknet seine Hände mit dem Handtuch ab und verfolgt recht unbeteiligt, wie die gegnerische Mannschaft den Fußball in seinem Netz versenkt. Wenig später legt sich Bloch mit dem Schiedsrichter an und wird nach einer handgreiflichen Auseinandersetzung mit ihm vom Platz gestellt. Er verabschiedet sich vom Trainer, fährt mit der Straßenbahn in die Innenstadt von Wien und bucht sich ein Hotelzimmer. 
Es zieht ihn ins Kino, wo er auf die Kinokassiererin (Erika Pluhar) aufmerksam wird, sie nach ihrem Dienstschluss abpasst und sie nach Hause begleitet. Nach einer gemeinsam verbrachten Nacht erwürgt Bloch die Frau, wischt seine Fingerabdrücke ab und verlässt die Wohnung, um dann zu seiner Ex-Freundin Hertha (Kai Fischer) ins Burgenland zu fahren. Dort ist wegen eines vermissten Kindes bereits die Polizei auf den Straßen. Aus Zeitungsmeldungen informiert sich Bloch über den Fortgang der Ermittlungen und erfährt, dass er mit amerikanischen Münzen, die aus einer beschädigten Tasche seines Sakkos fallen, eine Spur gelegt hat, doch verfolgt er weiterhin gelassen die weiteren Ermittlungen im Mordfall der Kinokassiererin und des vermissten Kindes… 

Kritik: 

Fast hätte Wenders‘ offizielles Spielfilmdebüt ein ähnliches Schicksal erlitten wie „Summer in the City“, denn der Filmemacher hat die Verfilmung der sperrigen Geschichte seines Freundes Peter Handke mit einer Reihe von Pop- und Rock-Songs versehen, für die er keine Rechte besaß. Dass der Film nach über vierzig Jahren auf der Berlinale 2015 in einer digital restaurierten Fassung präsentiert werden konnte, war dem Umstand zu verdanken, dass die ursprünglich eingesetzten Songs durch neu geschriebene Lieder im Stil der Entstehungszeit ersetzt worden sind. 
Auch wenn der Titel „Die Angst des Tormanns beim Elfmeter“ auf einen Sportfilm verweist und die ersten Szenen tatsächlich auf dem Fußballplatz spielen, ist es eher ein Krimi-Drama, das sich ganz bewusst von US-amerikanischen Vorbildern abzugrenzen versucht. Wenders‘ und Handkes Protagonist verfügt nämlich über kein erkennbares Motiv weder für den Mord an der Kinokassiererin noch für sein nachfolgendes Verhalten, mit dem er eher Hinweise für die Polizei streut, statt sich seiner drohenden Verhaftung zu entziehen. 
Es ist eine anonyme, farblose Welt, in der sich Bloch bewegt. Der Platzverweis scheint ihm gleichsam den Sinn fürs Leben genommen zu haben, den er nur noch im Kino findet. Er sucht zwar den Kontakt zu den Frauen, kommt ihnen aber nicht wirklich nahe. So mäandert der Film ohne nachvollziehbare Handlung und vor allem ohne Spannung vor sich hin und lässt das Publikum eher ratlos als fasziniert zurück. Dennoch lässt sich hier schon erkennen, dass Wim Wenders ein eigenwilliger Filmemacher ist, der sich nicht um Genrekonventionen schert und die Geschichten erzählen will, die er interessant findet.

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