Wo die grünen Ameisen träumen
Mit Filmen wie „Stroszek“ (1977), „Nosferatu: Phantom der Nacht“ (1979), „Woyzeck“ (1979) und „Fitzcarraldo“ (1982) avancierte Werner Herzog seit Ende der 1970er Jahre zu einem der angesehensten Filmemacher in Deutschland. Der durchaus immer mal wieder aneckende Bayer setzte allerdings seine Praxis fort, mit seiner eigenen Produktionsfirma einfach die Filme zu machen, auf die er Lust hatte. Mit dem Drama „Wo die grünen Ameisen träumen“ zog es ihn 1984 in Australiens Heimat der Aborigines.
Inhalt:
Die mächtige Bergwerkgesellschaft Ayers sucht Uranvorkommen im australischen Outback und hat bereits etliche Probebohrungen und Erkundungssprengungen zur Analyse der geologischen Schichten vorgenommen. Lance Hackett (Bruce Spence), der Geologe vor Ort, erwartet mit einer letzten Serie von Sprengungen Gewissheit über ein Vorkommen. Doch ein lokaler Stamm der Aborigines sabotiert die Sprengungen, indem Mitglieder des Stammes die Zündschnüre durchtrennen. Als der erboste Vorarbeiter Cole (Ray Barrett) mit seiner Planierraupe gegen die Saboteure vorgehen will, kann Lance gerade noch Schlimmeres verhindern. Er erfährt vom Stammesältesten Dayipu (Roy Marika) und dem Sänger des Stammes, Miliritbi (Wandjuk Marika), dass dies Land ihr Land sei und die grünen Ameisen hier schlafen und die Welt erträumen. Sollten sie aufgeweckt werden, würde die Welt zerstört. Da Lance mit seinem Latein am Ende ist, lässt er nach Konzernchef Ferguson (Norman Kaye) schicken, der die Aborigines mit finanziellen Angeboten umzustimmen versucht – natürlich erfolglos. Im Vorfeld des Prozesses vor dem Obersten Gerichtshof lädt Ferguson Dayipu und Miliritbi nach Melbourne in die Konzernzentrale ein, wovon sich der Stammesälteste nicht beeindrucken lässt. Erst als er auf dem Heimweg ein grünes Flugzeug entdeckt, das er für seinen Stamm haben möchte, wittert Ferguson wieder Morgenluft, doch um den Prozess kommen beide Parteien nicht herum…
Kritik:
Auch wenn Werner Herzog sein Ökodrama „Wo die grünen Ameisen träumen“ in Australien ansiedelt, macht er sich nicht nur zum Anwalt der Aborigines. Die australischen Ureinwohner stehen stellvertretend für alle Naturvölker, die durch vermeintlich zivilisierte Nationen wie Frankreich, Großbritannien, Spanien und Portugal bezwungen worden sind und zu einer zunehmend stigmatisierten Randgruppe aus ihrem angestammten Lebensbereich verdrängt wurden.
Die „grünen Ameisen“ symbolisieren hier die heiligen Stätten, die unter der imperialistischen Inbesitznahme der Industrienationen scheinbar zu vernachlässigen sind. Die Sympathien sind in diesem wenig subtil inszenierten Drama klar verteilt, der Ausgang des Prozesses ebenso vorhersehbar.
Herzog, der mit dem australischen Autor Bob Ellis („Newsfront“, „Goodbye Paradise“) auch das Drehbuch schrieb, macht deutlich, dass mächtige Konzerne sich wenig um die spirituellen Belange der Ureinwohner kümmern, dass sie sie stets glauben, mit Geld oder anderen Mitteln ihre Pläne durchsetzen können. Mit der etwas platt inszenierten Fahrstuhlpanne demonstriert Herzog aber auch, dass der technologische Fortschritt nicht so perfekt ist, wie er sich gerne präsentiert.
Während die Kolonialisierung und der damit verbundene Rassismus wenig ganz ungeschminkt und direkt angeprangert werden, sind es vor allem die betörenden Naturaufnahmen von Jörg Schmidt-Reitwein, mit denen die Lebenswelt der Aborigines eingefangen werden, die „Wo die grünen Ameisen träumen“ sehenswert machen.
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