Ein Haufen toller Hunde
Seit seinen frühen Meisterwerken „Die zwölf Geschworenen“
(1957) und „Der Mann in der Schlangenhaut“ (1960) hat Sidney Lumet
eine Vielzahl unterschiedlichster Werke inszeniert, die oft in bester Manier die
moralischen Untiefen im menschlichen Verhalten zum Thema hatten. Besonders
intensiv ist es dem versierten Filmemacher in dem 1965 realisierten Kriegsdrama
„The Hill“ gelungen, das im deutschsprachigen Raum leider unter dem verwirrenden
Titel „Ein Haufen toller Hunde“ vermarktet worden ist.
Inhalt:
Der unbarmherzige Leiter Wilson (Harry Andrews) führt
während des Zweiten Weltkriegs in einem nordafrikanischen, dem britischen
Militär zugehörigen Strafgefangenenlager mit seinen Sergeants ein skrupelloses
Regiment. Als ihm 1942 eines Tages im Jahr 1942 fünf neue Häftlinge zugeteilt
werden, zieht der degradierte Sergeant Joe Roberts (Sean Connery) seine
besondere Aufmerksamkeit auf sich, weil er aufgrund eines Angriffs auf seinen
damaligen Vorgesetzten im Camp gelandet ist. Wilson gibt sich größte Mühe, den
Neuankömmlingen das Leben zur Hölle zu machen, um sie nach seinen Vorstellungen
erst zu brechen und dann wieder zu Männern zu machen, auf die die Armee stolz
sein kann. Immer wieder jagt er sie über den künstlich aufgeschütteten Hügel
auf dem Exerzierplatz - selbst bei kleinsten Vergehen. Als es eines Tages zu
einem tragischen Todesfall kommt, weiß die Gruppe um Roberts, dass sie gegen
das sadistische Regime von Wilson aufgebehren muss.
Der Kommandant (Norman Bird), der sich lieber mit
einer Prostituierten vergnügt, und der Oberstabsarzt (Michael Redgrave)
interessieren sich nur oberflächlich für die Zustände im Lager, sodass Wilson
und seine Sergeants freie Hand für die sogenannte „Disziplinierung“ und
Bestrafung der Gefangenen haben.
Die Spannungen speziell zwischen dem Zellenverantwortlichen
Sergeant Williams (Ian Hendry) und Roberts werden trotz der versuchten
Vermittlung von Sergeant Harris (Ian Bannen) immer größer und führen
letztlich zum Tod des schwächlichen Stevens (Alfred Lynch), worauf es zu
einer Gefängnis-Meuterei kommt. Diese kann Sergeant-Major Wilson zwar gerade
noch beenden, doch wird nun von Roberts und seinem schwarzen Zellengenossen Jacko
King (Ossie Davis) eine Untersuchung des Vorfalls erzwungen, wodurch die
Spannungen sowohl unter den Gefangenen als auch den militärischen
Führungskräften zunehmen…
Kritik:
Nach einem Theaterstück und Drehbuch von Ray Rigby („Geheimaktion
Crossbow“) hat Lumet ein fast kammerspielartiges Kriegsdrama inszeniert,
das sich ausschließlich im Mikrokosmos des britischen Militär-Gefangenenlagers
in Nordafrika abspielt und gnadenlos die unerträgliche Hitze mit den
menschenunwürdigen Strapazen vereint, die vor allem der sadistische Sergeant
Williams zu verantworten hat, wenn auch unter Führung und letztlich Billigung
seines direkten Vorgesetzten Wilson. Das zweistündige Drama zeigt wie schon in Lumets
grandiosem Regiedebüt „Die zwölf Geschworenen“ auf, wie sich unter
außergewöhnlichen Bedingungen eines geschlossenen Rahmens die Dynamik einer Gruppe
aus ganz unterschiedlichen Individuen entwickelt und verändert. Der unter
besonderer Beobachtung stehende Befehlsverweigerer Roberts ist zunächst ganz
auf sich allein gestellt und wird von seinem hünenhaften Zellengenossen Jock
McGrath (Jack Watson) gewarnt, seine Mitgefangenen nicht auch unter der
besonderen Behandlung leiden zu lassen, die Roberts angedacht ist, während der
kleine, dickliche Bartlett (Roy Kinnear) am liebsten in eine andere Zelle
verlegt werden möchte, um nicht in den Schlamassel hineingezogen zu werden.
Interessant ist, wie der immer wieder rassistisch beschimpfte King sich provokativ
auf Roberts‘ Seite stellt und am Ende sogar McGrath die Seiten wechselt. Lumet
nimmt sich aber auch die nötige Zeit, um die Motivationen der militärischen
Führungskräfte zu sezieren, die zwischen Pflichterfüllung, blindem Gehorsam und
sadistischen Neigungen schwanken und unter denen diejenigen, die nur einen
Hauch von Schwäche und Verständnis für die Gefangenen demonstrieren, ärgste
Konsequenzen befürchten müssen. So ist Lumet ein eindrucksvolles
Plädoyer gegen Machtmissbrauch und überholter militärischer Strukturen
gelungen, wobei James-Bond-Darsteller Sean Connery zwar die prominente
Hauptrolle verkörpert, doch schauspielerisch ist es vor allem Harry Andrews („Neun
Stunden bis zur Ewigkeit“, „Die Luftschlacht um England“), der in der Rolle
des sadistischen Führungsoffiziers zu glänzen vermag.








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