A Haunting in Venice
Kenneth Branagh hat offenbar viel Freude an der Figur
des Meisterdetektivs Hercule Poirot, denn nach seinen ersten beiden Verfilmungen
der klassischen Agatha-Christie-Romane „Mord im Orient-Express“
(2017) und „Tod auf dem Nil“ (2022) folgte bereits 2023 der nächste
Streich. Wie in den beiden vorangegangenen Adaptionen ist Branagh auch
in „A Haunting in Venice“, der Verfilmung des eher unbekannten Romans „Hallowe'en
Party“, als Hauptdarsteller des Meisterdetektivs und Regisseur in
Personalunion zu erleben.
Inhalt:
Zwei Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs hat sich
Hercule Poirot (Kenneth Branagh) in Venedig zur Ruhe gesetzt. Neue Fälle
interessieren ihn nicht mehr. Sein Bodyguard, der ehemalige Polizist Vitale
Portfoglio (Riccardo Scamarcio), sorgt dafür, dass ihm auf seinem
Alterssitz in Venedig niemand zu nahekommt und mit Fällen belästigt. Dennoch
lässt er sich von der Romanautorin Ariadne Oliver (Tina Fey), mit der
der Belgier seit Jahren befreundet ist, dazu überreden, an einer nächtlichen
Séance teilzunehmen, da es ihr selbst bislang nicht gelungen ist, das Medium
Joyce Reynolds (Michelle Yeoh) der Scharlatanerie zu überführen.
In einem alten Palazzo, wo die Seelen ermordeter
Waisenkinder spuken sollen, finden sich zur Halloween-Party für die Kinder noch
weitere Gäste ein: darunter Gastgeberin Rowena Drake (Kelly Reilly), die
den Verlust ihrer eigenen Tochter betrauert, die nach einem Sturz vom Balkon
nur noch tot aus dem Wasser geborgen werden konnte, oder der apathisch wirkende
Dr. Leslie Ferrier (Jamie Dornan), der mit seinem zwölfjährigen Sohn
Leopold (Jude Hill) angereist ist. Aber auch Maxime Gerard (Kyle
Allen), der einst mit Drakes verstorbener Tochter liiert war, ist
rechtzeitig zur Geisterstunde zugegen. Natürlich möchte Poirot das
selbsternannte Medium zu gerne als Schwindlerin entlarven – und macht dem
anfänglichen Hokuspokus dann auch tatsächlich schnell ein Ende. Aber just in
dem Augenblick dreht Joyce so richtig durch und spricht plötzlich mit der
Stimme eines Mädchens. Was geht vor sich? Das kann sich selbst Poirot nicht
direkt erklären. Während er noch zweifelt und grübelt, versucht ihn jemand zu
ertränken, als er den Kopf in einer durchsichtigen Schüssel mit Wasser taucht, um
an einen Apfel zu kommen. Allerdings hat Poirot dabei die Maske von jemand
anderem aufgehabt, und wenig später findet eine weitere Person der Halloween-Gesellschaft
einen grausamen Tod. Da Poirot hier persönlich involviert ist und er sich die geheimnisvollen
Visionen und Erscheinungen nicht erklären kann, von denen er heimgesucht wird,
macht er sich zusammen mit der Schriftstellerin an die Arbeit, den Spuk und die
Morde aufzuklären…
Kritik:
Kenneth Branagh hat bereits in den beiden
vorangegangenen Hercule-Poirot-Filmen ein feines Gespür für das Setting gehabt.
Bestachen „Mord im Orient-Express“ und „Tod auf dem Nil“ durch
die exotischen Schauplätze, hat Drehbuchautor Michael Green („Alien:
Covenant“, „Blade Runner 2049“), der auch die Vorlagen zu Branaghs
vorangegangenen Poirot-Adaptionen verantwortete, die Geschichte von London nach
Venedig verlegt und so wieder ganz neue Möglichkeiten für eine schaurige Atmosphäre
geschaffen, zumal er sich mit der Geschichte recht weit von Agatha Christies
Roman entfernt und mystischen, gruseligen Effekten ungewöhnlich viel Raum zugesteht.
Das wird durch die geschickte, das subjektive Entsetzen einfangende Kameraführung
von Haris Zambarloukos („Artemis Fowl“, „Belfast“) und der teils
sperrigen Musik von Hildur Guðnadóttir („Joker“, „Tár“) noch
verstärkt. Der klassische Whodunit-Plot rückt da schon fast in den Hintergrund
und ist auch nicht so überzeugend ausgeformt wie in den vorangegangenen Filmen,
die auch noch weit prominenter besetzt gewesen sind. Außer Oscar-Preisträgerin Michelle
Yeoh („Everything Everywhere All At Once“), die leider nur eine
kurze, wenn auch beeindruckende Rolle verkörpert, ist niemand da, der Kenneth
Branagh die Show auch nur ansatzweise streitig machen könnte. So sind es
die atmosphärisch gelungenen Halloween-Elemente und die mystisch angehauchten
Kulissen des alten Venedigs, die „A Haunting in Venice“ seinen Reiz
verleihen, die Krimi-Unterhaltung hält sich hier in überschaubaren Grenzen.








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