The Accountant

Gavin O’Connor hat mit dem Sportler-Drama „Miracle – Das Wunder von Lake Placid“ (2004) und den beiden auf eigenen Drehbüchern basierenden Thrillern „Das Gesetz der Ehre“ (2008) und „Warrior“ (2011) bereits bewiesen, dass er interessante Stoffe adäquat zu verfilmen versteht. Nach dem weithin unbeachteten, wenn auch hochkarätig besetzten feministischen Western „Jane Got a Gun“ (2015) kehrte O’Connor mit dem Action-Thriller „The Accountant“ wieder erfolgreicher auf das Kinoparkett zurück.

Inhalt:

Christian Wolff (Ben Affleck) wuchs als autistisches Kind eines Offiziers bei der Army im Bereich psychologische Kriegsführung auf und konnte 1000-teilige Puzzle im Handumdrehen fertigstellen – mit der Rückseite des Bildes nach oben. Obwohl seine Eltern die Möglichkeit hatten, ihn am Harbor Neuroscience Institute in Hanover in New Hampshire unterzubringen, und der Junge sich mit Justine, der ebenfalls autistischen, stummen Tochter des Institutsdirektors, verbunden fühlte, lehnte dies sein Vater ab. Er war der Meinung, dass sein Sohn seine Verhaltensstörung durch viel Training und Selbstdisziplin überwinden solle, um sich in der Welt besser behaupten zu können.
Die Mutter kehrte der Familie bald den Rücken und heiratete erneut. Mittlerweile hat sich Wolff als Steuerberater selbstständig gemacht und macht die Buchhaltung für die Geschäfte in der unmittelbaren Nähe seines unscheinbaren Büros in der Nähe von Chicago. Seinen Lebensunterhalt bestreitet das Mathematik-Genie, das ohne soziale Kontakte auskommt und täglich eine Viertelstunde einem Ritual nachgeht, bei dem er zu flackerndem Licht laute Industrial Music hört und sich dabei mit einem Stock das Schienbein malträtiert, allerdings als Buchhalter für Verbrecherorganisationen und gibt deren kriminellen Geschäften einen legalen Anstrich, weshalb er in diesen Kreisen nur als „The Accountant“ bekannt ist. 
Als die US-Steuerbehörde ihm in Person von Director Raymond King (J.K. Simmons) und der talentierten, einst straffällig gewordenen Ermittlerin Marybeth Medina (Cynthia Addai-Robinson) langsam auf den Leib rückt, ist Wolff gerade damit beschäftigt, ein Finanzleck in Lamar Blacks (John Lithgow) Robotikkonzern ausfindig machen, über das kontinuierlich Geld abgezweigt wird. Ihm wird die sympathische Buchhalterin Dana Cummings (Anna Kendrick) zur Seite gestellt, die auf das Leck überhaupt erst aufmerksam geworden war. Doch als Wolff innerhalb einer Nacht die Unterlagen von 15 Jahren durchgesehen hatte und den Geldfluss nachvollziehen konnte, ist der CFO Ed Chilton (Andy Umberger) tot in seiner Wohnung gefunden worden, nachdem er Besuch von einem Auftragskiller (Jon Bernthal) bekommen hatte. Nun schwebt auch Dana Cummings in Gefahr…

Kritik:

Das seit fünf Jahren auf der Black List hervorragender, aber unverfilmter Drehbücher stehende Skript von Bill Dubuque („Der Richter – Recht oder Ehre“, „Ozark“) zu „The Accountant“ ist bei Gavin O’Connor in gute Hände gelangt. Seine Inszenierung beginnt mit der Darstellung der autistischen Diagnose eines Brille tragenden Kindes, das die Nerven verliert, als es das letzte Puzzlestück nicht auffinden kann, bis es ihm von seiner mental beeinträchtigten Schwester überreicht wird. Mit der darauffolgenden Szene, in der Ben Affleck („Gone Baby Gone“, „Live by Night“) mit Brille in seinem Büro einem Ehepaar die steuerliche Absetzbarkeit von Arbeitszimmer und des dienstlich genutzten Wagens erklärt, wird der Sprung in die Gegenwart des Jungen geschildert, der es jedoch zu mehr als nur einem Buchhalter gebracht hat. Wie wir in Rückblenden erfahren, wurde Christian Wolff von seinem Vater in Kampftechniken und zu einem Meisterschützen geschult. Die Verbindung aus der hochfunktionalen Inselbegabung und ausgefeilter Kampftechniken sorgt für den nötigen Drive in einem Plot, der sich zuweilen zu sehr auf Nebenschauplätzen verliert, aber gerade zum Finale hin in Sachen Action voll aufzudrehen versteht. Ben Affleck demonstriert als schmallippiger Autist „John Wick“-Qualitäten, und der ernste Ton wird zugunsten zynischen Humors immer wieder aufgebrochen. Schade nur, dass so großartige Schauspieler wie J.K. Simmons, John Lithgow und Anna Kendrick nicht die Möglichkeit bekommen, ihre Stärken auszuspielen, doch am Ende bietet „The Accountant“ flotte Action-Unterhaltung mit interessanten Plot-Zwists.

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