Art of Revenge

Während klassische Rape-and-Revenge-Thriller in der Regel von Männern – Wes Craven („Das letzte Haus links“), Sam Peckinpah („Wer Gewalt sät“), Michael Winner („Ein Mann sieht rot“), John Schlesinger („Auge um Auge“), David Slade („Hard Candy“) und Paul Verhoeven („Elle“) – inszeniert wurden, präsentiert mittlerweile auch das meist von sexueller Gewalt betroffene weibliche Geschlecht seinen Umgang mit dem Thema und rückt die weibliche Perspektive in der Regel auf etwas andere Weise in den Vordergrund. Neben Coralie Fargeats „Revenge“ beschäftigte sich im Jahr 2017 auch Natalia Leite mit „Art of Revenge“ mit dem Thema sexuellen Missbrauchs, schlug aber eine andere Gangart ein als ihre französische Kollegin.

Inhalt:

Als die Kunststudentin Noelle (Francesca Eastwood) nach dem Zeichnen eines weiblichen Akts ihre Arbeit vor ihren Kommiliton:innen präsentiert, hagelt es nicht nur von deren Seiten Kritik, auch Professor Rudd (Marlon Young) lässt kein gutes Haar an ihrem selbstzensierten Werk. Aus ihrem seelischen Tief holt sie zum Glück der von ihr umschwärmte Luke (Peter Vack), der sie zu einer Party einlädt. Angespornt durch ihre Nachbarin Skye (Leah McKendrick) verpasst sich Noelle ein ansprechendes Party-Outfit und wähnt sich im siebten Himmel, als Luke sie mit auf sein Zimmer nimmt und sie küsst. Doch ehe Noelle begreift, wie ihr geschieht, stößt Luke sie aufs Bett und vergewaltigt sie brutal. Völlig konsterniert verlässt Noelle nach dem Akt die Party. Skye findet sie am nächsten Morgen völlig verstört im Bett und gibt ihrer Freundin nach dem Anhören ihrer Geschichte den Rat, die beschissene Nacht einfach zu vergessen. Doch daran verschwendet Noelle keinen Gedanken. Sie sucht Luke auf, um ihn zur Rede zu stellen, doch der junge Mann ist sich überhaupt keiner Schuld bewusst, meint sogar, Noelle hätte es gefallen. Als Noelle ihren Peiniger schubst, fliegt er über das Geländer und stirbt beim Aufprall auf dem Boden. Detective Kennedy (Clifton Collins Jr.), der den Todesfall untersucht, findet Noelle im Chatverlauf von Lukes Handy, kommt nach ihrer Befragung aber mit den Ermittlungen nicht voran. Noelle sucht die Therapeutin Melinda Sanders (Mary Price Moore) auf und eine Studentengruppe, die Aktionen zum Schutz der Frauen vor männlicher Gewalt initiiert, doch fühlt sie sich dort nicht verstanden. Erst als sie bei Recherchen erfährt, dass auch ihre Freundin Skye Opfer einer Vergewaltigung durch drei College-Jungs geworden ist, die für ihre Tat nicht bestraft wurden, begibt sich Noelle nicht nur auf einen persönlichen Rachefeldzug, sondern verleiht ihrer Kunst endlich die Tiefe, die diese bislang vermissen ließ…

Kritik:

Skye-Darstellerin Leah McKendrick („Say Yes“, „Scrambled“) schrieb auch das Drehbuch zu diesem Rape-and-Revenge-Thrillerdrama, das bewusst einen ganz anderen Weg einschlägt als die übrigen Genre-Beiträge. Während dort die Vergewaltigung meist bewusst sadistisch inszeniert wird, um dann eine ausgedehnte Selbstjustiz-Orgie des Opfers oder seiner Familie in Gang zu setzen, hält sich Leite bei dem entsprechenden Akt fast schon zurück, ebenso wie es ihre Kollegin Fargeat bei „Revenge“ praktiziert hat. Doch statt über die ganze Filmlänge die zwangsläufige Rachemission auszubreiten, kommt der Täter bereits am nachfolgenden Tag auf recht unspektakuläre Weise zu Tode. Damit machen McKendrick und Leite früh klar, dass es ihnen um etwas anderes geht als einen simplen „Auge um Auge“-Feldzug. „Art of Revenge“ verfolgt die These, dass Vergewaltigungen sowohl von den Therapeuten als auch von der Strafverfolgung bagatellisiert und Opfer auch noch als „Schlampen“ abgestempelt werden. Zudem scheint jeder Mann ein potenzieller Vergewaltiger zu sein. Zumindest bekommt das Publikum kaum andere Typen von Männern zu sehen. Neben diesem fragwürdigen Ansatz mangelt es „Art of Revenge“ aber auch an überzeugenden Motiven und Entwicklungen. Dass Noelle nach ihrer Vergewaltigung ihre zurückhaltende Art aufgibt und zu einem mordenden Racheengel mutiert, ist ebenso unglaubwürdig wie die seltsame Metamorphose, die sie in ihrer Kunst durchlebt. Clint Eastwoods Tochter Francesca Eastwood („Ein wahres Verbrechen“, „Old“) müht sich redlich durch die arg konstruierte Geschichte, doch gegen die hinkende Moral des Films kommt sie nicht an.

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