On The Milky Road

Abgesehen von seinem Beitrag zur Kurzfilm-Anthologie „Words With Gods“ (2014) und der Diego-Maradona-Dokumentation „Die Hand Gottes“ (2008) ist es seit seinem letzten Spielfilm „Versprich es mir!“ (2007) in den letzten Jahren sehr ruhig um den serbischen Schauspieler und Filmemacher Emir Kusturica gewesen. Nun demonstriert Kusturica mit „On The Milky Road“, dass er noch nichts von seiner fantasiebegabten, humorvollen Fabulierkunst eingebüßt hat.
Seit dem tragischen Tod seines Bruders schlägt sich der ehemals hochdekorierte Scharfschütze Kostja (Emir Kusturica) als Milchmann durch und lässt sich auch durch die verheerenden Feuergefechte während des Bosnienkriegs nicht davon abbringen, die Nachbarn auf seinem Esel mit frischer Milch zu beliefern. Währenddessen kann es die ebenso temperamentvolle wie attraktive Dorfschönheit Milena (Sloboda Mićalović) gar nicht abwarten, mit Kostja den geheiligten Bund der Ehe einzugehen. Doch als Milena einen Heiratsvermittler damit beauftragt, eine Braut für ihren im Krieg kämpfenden Bruder zu finden, sorgt die aus ihrem Heimatland geflüchtete Italienerin (Monica Bellucci) für zusätzliche Turbulenzen in dem vom Krieg gebeutelten Dorf, denn ausgerechnet Kostja verliebt sich in die unbekannte Schöne, auf die bereits ein General sein Auge geworfen hat …
Auch wenn sich die amourösen Verflechtungen in Kusturicas Spielfilm-Comeback „On The Milky Road“ vor dem Hintergrund des Bosnien-Kriegs abspielen und dabei auch vor der Kamera viel Blut vergossen wird, überwiegt der von Slapstick-Einlagen geprägte, verspielt inszenierte Humor und die Irrungen der Liebe, die Regisseur und Hauptdarsteller Kusturica zum Spielball von zwei bezaubernd schönen Frauen macht, ohne dass die eine der anderen etwas Böses will. Dass die Beziehung zwischen Kostja, Milena und der namenlosen Italienerin nicht Thema eines Eifersuchtsdramas wird, dafür sorgen die manchmal etwas überzogen humorvollen Akzente, die vor allem durch eine nicht zu bändigende Turmuhr und eine völlig verrückte Tierwelt gesetzt werden: Gänse baden in Schweineblut, um Insekten anzulocken, die sie verspeisen können; eine Schlange findet Gefallen an Milch und ein Huhn hüpft aufgeregt vor seinem Spiegelbild umher. Aber auch bei ausgelassenen Dorffesten und in den zwischenmenschlichen Beziehungen herrscht ein leichter Ton vor, von Dramatik ist kaum etwas zu spüren, selbst als der eifersüchtige General die Szenerie betritt und einen Trupp von Elitesoldaten losschickt, sein auf der Flucht befindliches Objekt der Begierde einzufangen.
„On The Milky Road“ lebt von den Gegensätzen, von Liebe und Tod, Gewalt und Zärtlichkeit, Natur und Technik, leichtem Humor und kranker Besessenheit, aber Kusturica gelingt es auf seine ihm eigene Art, das folkloristische Flair seiner Heimat, die betörend schönen Landschaften und die beiden weiblichen Herzensbrecher so leichtfüßig in Szene zu setzen, dass der versöhnliche, fröhliche Ton der Erzählung überwiegt. 
"On The Milky Road" in der IMDb

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