Manh(a)ttan - Staffel 1

Das Leben schreibt bekanntlich die besten Geschichten. Ob bestimmte Geschichten allerdings auch geeignet sind, als Film die Leinwand zu erobern oder gar genug dramatischen Stoff für ein Serienkonzept abgibt, steht auf einem ganz anderen Blatt. Auf jeden Fall ist der Satelliten- und Kabelsender WGN America ein hohes Risiko eingegangen, das 1942 von der US-Regierung ins Leben gerufene „Manhattan“-Projekt als Serie zu produzieren. Denn das geheime Militärprojekt, das unter Leitung des berühmten Physikers J. Robert Oppenheimer die Atombombe bauen sollte, ist zwar von historischem Interesse, aber sicher nicht für ein Mainstream-Publikum. Trotzdem ist es Serienschöpfer Sam Shaw gelungen, das ambitionierte wie zwiespältige Bemühen der Wissenschaftler vor allem in den Kontext ihrer persönlichen Beziehungen zu stellen, wobei glücklicherweise vor allem den Frauen in Los Alamos besondere Aufmerksamkeit zuteilwird. Die 1. Staffel mit 13 Folgen ist über StudioCanal auf DVD/Blu-ray erhältlich.
Der brillante Physiker Charlie Isaaks (Ashley Zukerman) hat gern die Einladung angenommen, an einem geheimen Forschungsprojekt der Regierung in der eigens dafür aus dem Boden gestampften und streng bewachten Stadt Los Alamos in New Mexico teilzunehmen, während seine Frau Abby (Rachel Brosnahan) mit ihrem gemeinsamen Sohn noch nicht einschätzen kann, was ihre Familie an diesem trostlosen Ort erwartet. Charlie erkennt nach einem kurzen Blick auf die Formeln an den Tafeln, dass es um den Bau einer Bombe geht, doch darüber, wie dies vonstattengehen soll, gibt es unterschiedliche Meinungen.
Reed Akley (David Harbour) führt die größere Gruppe an, der auch Isaaks zugeteilt wird. Doch auch der charismatische wie eigenbrödlerische Dr. Frank Winter (John Benjamin Hickey) versammelt einen ehrgeizigen Kreis junger Wissenschaftler um sich. Doch als Sidney Liao (Eddie Shin) beschuldigt wird, Forschungsergebnisse zu verkaufen, werden die Sicherheitsvorkehrungen in dem stadtgroßen Camp weiter erhöht. Darunter haben nicht nur die Wissenschaftler selbst zu leiden, sondern auch ihre Frauen, die wie Winters Frau Liza (Olivia Williams) teilweise selbst Wissenschaftler sind, aber längst nicht die Anerkennung wie die Männer erfahren.
Während Abby einen Job als Telefonistin annimmt und so mitbekommt, wie Gespräche und ihre Inhalte abgehört und dokumentiert werden und eine Affäre mit einer ebenso einsamen Nachbarin beginnt, kandidiert Liza Winter schließlich für einen Posten im Stadtrat, um mit der Heimlichtuerei auf dem Stützpunkt aufzuräumen.
Zwar werden immer wieder auch die wissenschaftlichen Ansätze, Probleme, Risiken und Fehlschläge in jeder einzelnen Folge thematisiert, doch der Wettlauf, der darüber entscheidet, mit welchem Konzept schließlich der Krieg beendet werden kann, wird in der ersten Staffel von „Manh(a)ttan“ immer wieder durch die persönlichen Geschichten der involvierten Familien aufgelockert. Erfreulich ist dabei, dass dem wissenschaftlichen Ehrgeiz der Männer die gefühlsbetonten Themen der Frauen entgegengestellt werden, die sich oft aus Langeweile zu schon nachmittäglichen Cocktailrunden treffen und die eine oder andere Affäre unterhalten. Aber auch die abschätzige Behandlung von Frauen und Schwarzen findet ebenso eine tiefergehende Berücksichtigung in „Manh(a)ttan“ wie die moralischen Bedenken, die mit dem Bau einer Atombombe und ihren weitreichenden Folgen verbunden sind. Die Inszenierung der einzelnen Folgen ist durch einen passenden Vintage-Look, den atmosphärischen Score von Jónsi & Alex und die superben Darsteller ebenso gelungen wie die Drehbücher mit ihren dramatischen, erotischen und tiefsinnigen Elementen.
Aber bei aller Klasse vermag „Manh(a)ttan“ eben kein Mainstream-Publikum zu begeistern, weshalb die Serie nach der 2. Staffel leider erwartungsgemäß eingestellt worden ist. 
"Manhattan" in der IMDb

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