City Hall

Dass der aus New York stammende Regisseur Harold Becker seine Karriere als Dokumentarfilmer in den 1960er Jahren begonnen hatte, sieht man einigen seiner Thriller-Dramen deutlich an. Bereits mit seinem zweiten Film „Mord im Zwiebelfeld“ (1979) verleiht er der Geschichte nach wahren Begebenheiten einen halb dokumentarischen Charakter. Und nachdem Becker mit „Sea Of Love – Melodie des Todes“ (1989) und „Malice – Eine Intrige“ (1993) zwei packende Neo-Noir-Thriller inszeniert hatte, legte er 1996 mit „City Hall“ einen Polit-Thriller vor, der ihn einmal mehr mit Al Pacino zusammenbrachte. Allerdings ist das Thriller-Drama ungewöhnlich zäh ausgefallen.
Als rechte Hand des New Yorker Bürgermeisters John Pappas (Al Pacino) hat es der aus Louisiana stammende Nachwuchspolitiker Kevin Calhoun (John Cusack) weit gebracht. Doch dann sorgen der Tod des ehrgeizigen Polizisten Eddie Santos (Nestor Serrano) und des sechsjährigen schwarzen Jungen James Bone (Jaliyl Lynne) für Unruhe in der Stadtverwaltung, denn die Verantwortlichen müssen sich nicht nur fragen lassen, warum Santos sich ohne Unterstützung mit dem Drogendealer Tino Zapatti (Larry Romano) treffen wollte, sondern warum Zapatti, Neffe des einflussreichen Mafiabosses Paul Zapatti (Anthony Franciosa), nach seinen Vergehen überhaupt nur eine Bewährungsstrafe erhalten hat. Bei dem Schusswechsel zwischen Santos und Tino Zapatti wird nicht nur Santos getötet, sondern durch eine verirrte Kugel auch der sechsjährige Junge.
Während Pappas der Santos-Witwe jede Unterstützung zusichert, will sich die junge Anwältin Marybeth Cogan (Bridget Fonda) darum kümmern, dass Santos‘ Name bei den polizeiinternen Ermittlungen nicht mit Schmutz besudelt wird. Calhoun wiederum versucht herauszufinden, warum Zapatti nur eine Strafe auf Bewährung erhalten hat, und stößt auf eine schmutzige Korruptionsaffäre, in der auch der demokratische Politiker Frank Anselmo (Danny Aiello) und der Bundesrichter Walter Stern (Martin Landau) ihre Finger im Spiel haben …
Mit Ken Lipper, Paul Schrader („Taxi Driver“, „Wie ein wilder Stier“), Nicholas Pileggi („Casino“, „GoodFellas“) und Bo Goldman („Einer flog über das Kuckucksnest“, „Der Duft der Frauen“) sind gleich vier Drehbuchautoren an „City Hall“ beteiligt gewesen, was der erzählerischen Stringenz leider anzumerken ist. Kevin Calhoun ist als Ich-Erzähler (in der Eröffnungs- und Schlusssequenz) das verbindende Glied in einer komplexen Geschichte, in der erst nach und nach die Verwicklungen zwischen Justiz, Politik und Mafia aufgedeckt werden. Dabei werden so viele Figuren eingeführt, die für die Dramaturgie des Thriller-Dramas gar nicht nötig gewesen wären und teilweise nur für Ablenkung und Verwirrung sorgen. So hätte man sich Santos‘ Informanten ebenso sparen können wie Bridget Fondas Rolle als engagierte Anwältin, denn Santos‘ Tod mag zwar der Auslöser für die nachfolgenden Ermittlungen gewesen sein, doch eben auch nicht mehr.
Seine besten Momente hat der Film, wenn Al Pacino („Der Duft der Frauen“, „Heat“) und Danny Aiello („Léon – Der Profi“, „Hudson Hawk – Der Meisterdieb“) ihre politischen Pläne verhandeln. Doch trotz großer Namen im Aufgebot fehlt es „City Hall“ an echter Spannung, da die Entwicklung der Ermittlungen allzu vorhersehbar und ohne Höhepunkte und Wendungen verläuft.
"City Hall" in der IMDb

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