Fellinis Stadt der Frauen

Als Ingmar Bergman und Federico Fellini eines Tages die Idee zu einem Zweiteiler mit einem gemeinsamen Thema besprachen, kam das Projekt „Liebesduett“ zwar nie zustande, aber Bergman setzte seine Idee 1970 mit dem Film „Die Berührung“ um, während Fellini ein ganzes Jahrzehnt länger brauchte, um seine Geschichte eines Frauenhelden umzusetzen, der es mit einer Gruppe fanatischer Feministinnen zu tun bekommt. Im Nachhinein mutet es wie ein Wunder an, dass „Fellinis Stadt der Frauen“ nach acht Monaten Drehzeit und etlichen Problemen während der Produktion doch noch fertiggestellt wurde.
Als der lüsterne Schürzenjäger Snàporaz (Marcello Mastroianni) nach einem Nickerchen in seinem Zugabteil aufwacht, fällt sein Blick auf die attraktive Frau, die ihm gegenübersitzt und ihn allein durch ihre Blicke verführt, bis sie auf der Toilette miteinander rummachen. Doch als der Zug auf freier Strecke anhält, findet das vielversprechende Stelldichein schon wieder ein Ende. Die verführerische Frau verschwindet über ein Feld in einen Wald, wohin Snàporaz sie verfolgt, bis er auf das abgelegene Hotel Miramare stößt, wo gerade ein Kongress militanter Feministinnen tagt. Fasziniert verfolgt der männliche Eindringling, wie die Frauen aufgeregt und temperamentvoll über Themen wie die Missionarsstellung, die Frau in der Rolle als Hausfrau, Mutter und Sexobjekt, Masturbation und Fellatio diskutieren. Snàporaz ist für die kämpferisch agierende Damenrunde natürlich ein gefundenes Fressen, verkörpert er doch genau das frauenverachtende Männerbild, gegen das die Feministinnen revoltieren. Glücklicherweise gelingt dem ebenso faszinierten wie verwirrten Frauenhelden die Flucht zur Villa von Dr. Xavier Katzone (Ettore Manni), einem Waffennarr und Schwerenöter, der gerade seine 10.000 Eroberung feiert. Hier findet sich Snàporaz in einer Achterbahn des Glücks, mit einer Vielzahl von Abbildern der verführerischsten Frauen, die Katzone im Laufe seines Lebens domestiziert hat. Hier begegnet Snàporaz allerdings auch seiner eigenen Frau …
Die Produktion von „Fellinis Stadt der Frauen“ stand einmal mehr unter keinem guten Stern. Fellinis Hauskomponist Nino Rota war 1979 verstorben, Katzone-Darsteller Ettore Manni verstarb sechs Wochen nach Drehbeginn, so dass die Aufnahmen für die notwendigen Drehbuchänderungen unterbrochen werden mussten, Fellini selbst brach sich einen Arm, während sich sein Alter Ego Marcello Mastroianni wegen eines entzündeten Gerstenkorns mehreren Operationen unterziehen musste. Natürlich wurde wieder einmal das Budget überschritten, so dass der „Penthouse“-Verleger Bob Guccione als Produzent absprang und durch Daniel Toscan du Plantier ersetzt wurde. Dazu sorgten Explosionen, Hochzeiten, Geburten und Streiks für weitere Verzögerungen, die dem Endprodukt letztlich nicht gut taten.
© StudioCanal
Einmal mehr nutzte Fellini die Inszenierung von Traumwelten, um sich auf fantasievolle Weise seinem Thema anzunähern, diesmal – wie schon in „Julia und die Geister“ (1965) der weiblichen Psyche. Doch wirklich originell gerieten dem Filmemacher die oft überdeutlich symbolischen Bilder nicht, zu laut und abgeschmackt wirken die kämpferischen Reden der Feministinnen, die Fellini nicht zu Unrecht die Kritik einbrachten, dass er die Frauen wohl nicht verstanden habe. Zwar wartet „Fellinis Stadt der Frauen“ durchaus für einige gelungene Bilder und Ideen auf, doch in vielerlei Hinsicht wiederholt Fellini Motive wie die Zugfahrt oder die Szene, in der eine ganze Reihe von Jungen zu Bildern von Mae West masturbieren. Auf der anderen Seite ist dem Alterswerk nach wie vor die Lust an außergewöhnlichen Kulissen und faszinierenden Traumbildern anzumerken, mit denen Fellini nach wie vor sein Publikum zu fesseln versteht. Und mit der Suche des Mannes nach der idealen Frau hat der Filmemacher ein Thema umgesetzt, das all die Ängste, Träume und Vorurteile des Mannes in einen farbenprächtigen Rausch aufgreift, die durch Marcello Mastroianni („8 ½“, „Das süße Leben“) wunderbar naiv und vorhersehbar verkörpert werden.
"Fellinis Stadt der Frauen" in der IMDb

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