Die Nächte der Cabiria

Nachdem Federico Fellinis „Die Schwindler“ (1955) unter schwierigen Bedingungen zu Ende gestellt wurde und an den Kinokassen nicht den erhofften Erfolg einbrachte, bekam der Filmemacher auch bei seinem nächsten Projekt Schwierigkeiten, die richtigen Produzenten zu finden. Durch einen Deal mit Dino De Laurentiis über fünf Filme war es Fellini schließlich möglich, die Geschichte einer Prostituierten umzusetzen, wobei ihm der damals angesagte Autor Pier Paolo Pasolino beim Drehbuch behilflich war und seine Frau und Muse Giuletta Masina („La Strada – Das Lied der Straße“, „Lichter des Varieté“) die Hauptrolle verkörperte.
Die naiv-optimistische Maria Ceccarelli (Giuletta Masina) lebt in einem der ärmsten Viertel in Rom und verdient sich ihren Lebensunterhalt als Straßenhure, die sich selbst Cabiria nennt. Zwar besitzt Cabiria ein kleines, einfaches Haus und hat auch ein wenig Geld beiseitegelegt, doch fällt sie immer wieder auf Männer herein, die sie nach Strich und Faden ausnutzen. Selbst als ihr aktueller „Freund“ bei einem Spaziergang zum Tiber sie in den Fluss stößt und ihre Tasche stiehlt, weint die junge Frau ihm zunächst noch hinterher, nachdem sie von ein paar Jungs vor dem Ertrinken gerettet worden ist. Nachdem Cabiria dann doch alle Erinnerungsstücke an ihn verbrannt hat, wagt sie einen Neuanfang und lernt den berühmten Filmstar Alberto Lazzari (Amedeo Nazzari) kennen, mit dem um die Häuser zieht, bis er sie zu sich nach Hause einlädt. Doch das Glück währt wieder nur kurz, denn in derselben Nacht kehrt noch Albertos Freundin in seine Arme zurück. Bei einem Vorstadt-Varieté macht sich Cabiria schließlich im hypnotisierten Zustand auf der Bühne lächerlich, erweckt aber das Mitleid des höflichen Buchhalters Oscar D'Onofrio (Francois Périer), der Cabiria sogar zur Frau nehmen will … Mit „Die Nächte der Cabiria“ schuf Fellini ein optimistischeres Pendant zu seinem Oscar-prämierten Klassiker „La Strada – Das Lied der Straße“ (1954). Als Gelsomina war Giuletta Masina in „La Strada“ ganz ihrem Herren Zampanó hörig, während sie als Caribia trotz aller Enttäuschungen nie die Hoffnung aufgibt, doch noch die große Liebe ihres Lebens zu treffen. Davon zeugt vor allem die obligatorische Prozessionsszene, in der Cabiria und ihre Kolleginnen zur Divino Amore pilgern, doch bleiben ihre an die heilige Madonna gerichteten Gebete unerhört. Nachdenklich stimmt sie auch die Begegnung mit einem Mann, der nachts mit einem Sack die Höhlen von Roms Vororten besucht, um den Obdachlosen Kleidung und Nahrung zu bringen, darunter auch Cabirias alternder Kollegin Elsa, die ihren früheren Reichtum längst aufgezehrt hat.
Diese gut achtminütige Szene wurde auf Betreiben der römisch-katholischen Kirche vor der Premiere entfernt und findet sich in der restaurierten Fassung nun im Original mit deutschen Untertiteln wieder.
© StudioCanal
Der Film lebt dabei ganz von Masinas temperamentvollen Darstellung. Wie sie ausgelassen im luxuriösen Nachtclub Mambo tanzt, sich am Straßenstrich zwischen Caracalla-Thermen und Via Appia Antica mit ihren Mitbewerberinnen um die Gunst der männlichen Kundschaft zofft oder sich ganz berauscht vom Glück angesichts der Hochzeit mit Oscar präsentiert, ist allein schon sehenswert. Dazu sorgen die stimmungsvollen Schwarz-Weiß-Bilder von Aldo Tonti („Attila, die Geißel Gottes“, „Barabbas“) und die einfühlsame Musik von Nino Rota für ein poetisches Meisterwerk, das wie zuvor „La Strada“ auch mit einem Oscar für den besten fremdsprachigen Film ausgezeichnet wurde und nun in einer neuen „Federico Fellini“-Edition von Arthaus/StudioCanal erhältlich ist.

"Die Nächte der Cabiria" in der IMDb

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