Fellinis Satyricon

Seit Federico Fellini in „8 ½“ (1963) seine eigene Schaffenskrise thematisierte und dabei das neorealistische Konzept zugunsten einer analytischen Erzählform aufgab, die auf C.G. Jungs Verständnis von Träumen basierte, hat er diese symbolische Erzählweise auch in „Julia und die Geister“ (1965), vor allem aber meisterhaft in „Fellinis Satyricon“ (1969) umgesetzt, wo er das antike Rom als Tempel der Dekadenz, Wollust, Perversion und Grausamkeit darstellt.
Die beiden römischen Studenten Encolpio (Martin Potter) und Ascilto (Hiram Keller) kämpfen um die Gunst des Jünglings Gitone (Max Born), der sich dazu entschließt, Ascilto zu folgen. Nach dem Gastmahl des Trimalcione (Mario Romagnoli) in einer Villa in der Nähe von Cumae werden Encolpio, Ascilto und Gitone von Piraten entführt und auf ein Sklavenschiff verschleppt, um zur Insel des Caesar gebracht zu werden, wo sie zu dessen Vergnügen sterben sollen. Da Caesar bei einer Revolution ermordet wird, können sich die Gefangenen befreien und einigen sexuellen Vergnügungen nachgehen, bis Encolpio wieder gefangen wird und in der Arena gegen einen als Minotaurus verkleideten Gladiatoren um sein Leben kämpfen muss.
Zwar wird Encolpios Leben verschont, doch hat er durch die Niederlage seine Potenz verloren. Durch die mühsame Behandlung bei einer Fruchtbarkeitspriesterin kann er jedoch geheilt werden und auf einem Schiff des verstorbenen Dichters Eumolpo (Salvo Randone) die Insel verlassen.
Fellini erholte sich gerade von einer Brustfellentzündung, als er das „Satyricon“, eine umfangreiche Geschichtensammlung von Neros Berater Petronius, las und es zu seinem eigenen „Satyricon“ umformte. Inspiriert von Science Fiction und bewusstseinserweiternden Drogen verwandelte sich das episodenhaft erzählte Werk zu einem satirischen Kommentar auf das verschwenderische Leben im zeitgenössischen Rom. Der mit vielen Farbfiltern und unterschiedlichen Filmmaterial gedrehte Film fand mit seiner Experimentierfreude und Polysexualität gerade bei den Hippies großen Zuspruch und wurde von United Artists entsprechend als jugendlicher Film vermarktet.
© StudioCanal
Obwohl etliche Stars wie Danny Kaye, Bud Spencer, Gert Fröbe, Terence Stamp, Mae West, Groucho Marx und Boris Karloff für die verschiedenen Rollen im Gespräch waren, realisierte Fellini den Film mit nahezu unbekannten Darstellern, die er meist nach Agenturfotos auswählte. Trotzdem wurde „Fellinis Satyricon“ sein bis dahin teuerster Film, dessen Dreharbeiten Monate dauerten. Der Film wurde auf den Filmfestspielen in Venedig 1969 uraufgeführt und mit dem Pasinetti-Preis für den besten italienischen Film ausgezeichnet. Federico Fellini erhielt zudem 1971 eine Nominierung für einen Oscar in der Kategorie Beste Regie, nachdem der Film schon im Jahr 1970 für einen Golden Globe Award in der Kategorie Bester fremdsprachiger Film nominiert war.
"Fellinis Satyricon" in der IMDb

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