Ali
Nachdem sich Michael Mann mit „Der letzte Mohikaner“ (1992), „Heat“ (1995) und „The Insider“ (1999) endgültig als einflussreicher Filmemacher etabliert hatte, wagte er sich 2001 an ein echtes Mammutprojekt, die Verfilmung von Muhammad Alis Biografie. Obwohl er sich dabei auf die zehn erfolgreichsten Jahre der schwarzen Box-Legende zwischen 1964 und 1974 fokussierte, nahm er sich zweieinhalb Stunden Zeit, seiner Figur auf den Leib zu rücken.
Kaum hat der gerade mal 22-jährige Cassius Clay (Will Smith) den amtierenden Schwergewichts-Titelträger Sonny Liston (Michael Bentt) besiegt, steigt der wortgewandt und selbstbewusst auftretende Boxer zum Held der schwarzen Befreiungsbewegung auf. Wie sein später bei einer öffentlichen Kundgebung ermordeter Freund Malcolm X (Mario Van Peebles) nimmt er sich den Kampf um die Rechte der schwarzen Bevölkerung zu Herzen und lässt sich nach seiner Konversion zum Islam Muhammed Ali nennen, um seinen Sklavennamen loszuwerden. Doch der Aufstieg des Boxers wird jäh gestoppt, als dem Kriegsdienstverweigerer fünf Jahre Gefängnis drohen und die Boxlizenz entzogen wird. Muhammed Alis motivierender Freund Bundini (Jamie Foxx) verfällt dem Alkohol, andere Freunde entziehen sich, selbst Muhammad Alis Ehe bröckelt unter der Last der Affären, die der Boxer kaum zu verheimlichen versucht.
Nur der ABC-Sportreporter Howard Cosell (Jon Voight) bleibt Ali eng verbunden. 1974 versucht sich Ali in Zaire an einem kaum vorstellbaren Comeback: Gegen George Foreman (Charles Shufford) scheint Ali nicht die geringste Chance zu haben …
Es kostete Michael Mann zwar einige Mühen, Comedian Will Smith („Independence Day“, „Men In Black“) zur Darstellung des vielleicht größten Boxers aller Zeiten zu gewinnen, doch nachdem sich der Mime 15 Kilo Muskelmasse antrainiert hatte, nimmt man Will Smith seine ungewohnte Rolle überraschend schnell ab. Und Mann konzentriert sich auch so stark auf die titelgebende Figur, dass selbst für prominente Nebenfiguren wie Malcolm X, Box-Promoter Don King oder die Frauen in Alis Leben kaum Raum zur Entfaltung bleibt.
Doch trotzt der epischen Spiellänge gelingt es dem visuell wieder stark auftrumpfenden Mann nicht, die für eine biografische Erzählung recht knappe Spanne von zehn Jahren mit genügend Informationen zu füllen, um den Drama die nötige Tiefe zu verleihen. Der Kontext der Ermittlungen von FBI und CIA gegen Ali, aber auch der Kampf für die schwarzen Bürgerrechte im Ganzen werden ebenso kurz abgehandelt wie die Ermordung von Martin Luther King und Malcolm X, Alis Freund- und Liebschaften oder die Rassenunruhen, die Ali schweigend beobachtet.
Umso mehr ist die Leistung von Will Smith zu bewerten, der den Boxer wirklich authentisch darstellt und dem Film die Größe verleiht, die ihm angemessen erscheint. Daneben sorgen ein grandioser Soundtrack, packende Boxkampf-Inszenierungen und tolle Bilder für einen alles in allem überzeugenden Gesamteindruck eines Dramas, dem mehr Tiefe gut zu Gesicht gestanden hätte.
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