Broadchurch - Staffel 1

Der britische Drehbuchautor Chris Chibnail arbeitete nicht nur an „Life on Mars – Gefangen in den 70ern“, „Torchwood“, „Camelot“ und dem erfolgreichen Relaunch von „Doctor Who“, sondern auch an „Law & Order: UK“, wobei ihm die Idee kam, die Auswirkungen eines Mordfalls auf das ganze Umfeld des Opfers zu beleuchten. Herausgekommen ist mit „Broadchurch“ eine außergewöhnliche Krimi-Serie, die sich in der Heimat des ausstrahlenden britischen Senders ITV zu einem echten Straßenfeger entwickelt hat. Nach seiner Ausstrahlung im ZDF sind die acht Folgen der ersten Staffel über StudioCanal jetzt auch in Deutschland auf DVD/Blu-ray erhältlich.
Der elfjährige Danny Latimer wird tot an der Küste des englischen Städtchens Broadchurch aufgefunden. Der ortsansässigen Ellie Miller (Olivia Colman) obliegt es als Detective Sergeant, mit ihrem neuen Vorgesetzten Chef Inspector Alec Hardy (David Tennant) die Eltern des Kindes zu informieren. Bei der Untersuchung der näheren Umstände finden die Ermittler schnell heraus, dass Danny nicht von den Klippen gestürzt sein kann, sondern anderswo umgebracht und an den Strand gelegt worden ist. Aber wer könnte ein Motiv gehabt haben, den Jungen umzubringen? Sein Vater Mark (Andrew Buchan), der als selbstständiger Installateur arbeitet, kann kein Alibi für den Mordabend vorweisen und tischt den Polizisten einen Haufen Unsinn auf.
Der alternde Kioskverkäufer Jack Marshall (David Bradley) wird von der Presse als registrierter Sexualstraftäter entlarvt und von der Stadtbevölkerung schnell als Mörder ausgemacht. Aber auch die schroffe Susan Wright (Pauline Quirke), die im Besitz von Dannys Skateboard ist, der junge Pastor (Arthur Darvill) und Dannys bester Freund und Millers Sohn Tom (Adam Wilson) scheinen ebenso etwas zu verbergen. Auf der Suche nach dem Mörder haben Miller und Hardy aber nicht nur mit den verzweifelten Hinterbliebenen, der aufdringlichen Presse, die in Gestalt der Journalistin Karen White (Vicky McClure) auch überregionales Interesse verkörpert, sondern auch mit ganz eigenen Problemen zu kämpfen, vor allem mit Hardys angeschlagener Gesundheit.
Den Schöpfern von „Broadchurch“ ist das Kunststück gelungen, entgegen der sonst so publikumswirksamen, aber auch vorhersehbaren Thematisierung von Kindesmissbrauch in Krimis nicht allein die Aufklärung einer abscheulichen Straftat ins Zentrum ihrer Geschichte zu rücken, sondern vor allem die psychischen Auswirkungen auf das ganze Umfeld des jungen Opfers. In den gerade mal acht Folgen der ersten Staffel wird am Ende zwar der Täter entlarvt, aber bis dahin hat nicht nur Dannys Familie mit dem tragischen Verlust zu kämpfen. Schnell wird deutlich, dass der Mord an dem Jungen eine ganze Gemeinde aufrüttelt und verstört, Geheimnisse zu entlüften droht und teils ungeheure Verdachtsmomente schürt.
„Broadchurch“ geht den psychischen Befindlichkeiten aller Beteiligten ebenso subtil wie unnachgiebig auf den Grund. Ob es der strafversetzte Chefermittler ist, der nach seinem letzten verpfuschten Fall seine inneren Dämonen bekämpft und um Wiedergutmachung bemüht ist; der junge Journalist, der mit Unterstützung der erfahrenen Reporterin seine eigene Karriere beflügeln will; der Pfarrer, der sonst vor leeren Kirchenbänken predigt und auf einmal zur Vertrauensperson für die geschockten Eltern avanciert, oder die Mutter des verstorbenen Jungen, die im Zuge der Ermittlungen mit einigen unerwarteten Erkenntnissen konfrontiert wird – mit chirurgischer Präzision geht „Broadchurch“ den weit verzweigten Verwicklungen auf den Grund, die lange Zeit unter der Oberfläche der kleinstädtischen Küstenidylle geschwelt haben und nun unter dem Druck der Ermittlungen unverhofft ans Licht der breiten Öffentlichkeit gezerrt werden. Die ebenso distanzierte wie emotionale Aufdeckung dieser oft dunklen Geheimnisse findet ihre Entsprechung in der handwerklich gekonnten filmischen Umsetzung.
Sowohl die großartigen Darsteller als auch die zwischen stimmungsvoller Atmosphäre und kühler Distanziertheit geführte Inszenierung, der gefühlvolle Score von Ólafur Arnalds und natürlich die feinsinnigen Drehbücher der acht Folgen gehen eine perfekte Symbiose ein, die ein außergewöhnliches Serienjuwel geschaffen hat, das in der zweiten Staffel weiter an dem Fall dranbleibt und noch tiefer in die Befindlichkeiten der Küstenseelen eintaucht, wenn der Täter sich vor Gericht verantworten muss.
"Broadchurch" in der IMDb

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