Der Eid

Seit seinem Drehbuch- und Regiedebüt mit „101 Reykjavik“ hat der isländische Schauspieler Baltasar Kormákur auch international Karriere gemacht und in den letzten Jahren als Regisseur von Hollywood-Produktionen wie „Contraband“, „2 Guns“ und „Everest“ aufhorchen lassen. Für seinen neuen Film „Der Eid“ ist Kormákur in seine Heimat zurückgekehrt, hat die männliche Hauptrolle übernommen und ein thematisch spannendes Thriller-Drama mit doppeltem moralischen Boden inszeniert.
Das Leben könnte es mit dem erfolgreichen Herzchirurgen Finnur (Baltasar Kormákur) kaum besser gemeint haben. Während er in beruflicher Hinsicht über jeden Zweifel erhaben ist, trübt einzig die gerade volljährige Tochter Anna (Hera Hilmar) das traute Familienglück. Seit sie nämlich ausgezogen ist, vernachlässigt sie ihre Ausbildung und genießt in vollen Zügen das Partyleben. Als sie sich auch noch in den zwielichtigen Óttar (Gísli Örn Garðarsson) verliebt, der sich als skrupelloser Drogendealer entpuppt, droht Finnur seine geliebte Tochter vollends zu verlieren.
Um das zu verhindern, zeigt Finnur den Kleinkriminellen an, der daraufhin miterleben muss, dass die Polizei seinen derzeitigen Drogenvorrat konfisziert. Doch so leicht lässt sich Óttar nicht einschüchtern und handelt mit dem besorgten Vater einen Deal aus: Erst wenn Finnur den Schaden in Höhe von sechs Millionen isländischen Kronen begleicht, will er selbst sich von Anna fernhalten. Doch da Finnur nicht bereit ist, das Geld zu bezahlen, entscheidet er sich für eine rabiatere Methode, die ihn allerdings in schwere Gewissensnöte mit seinem als Mediziner geleisteten Eid bringt …
Baltasar Kormákur ist nicht nur Co-Autor und Regisseur des Films „Der Eid“, sondern fraglos auch der Star, der seine Figur sehr vielschichtig als gewissenhafter Chirurg und liebevoller Vater, der fast alles für das Glück seiner ältesten Tochter zu tun bereit ist, anlegt. Während die Ehe fast gar nicht thematisiert wird, räumt der Filmemacher der Beziehung seiner Hauptfigur zu seinen beiden Töchtern genügend Zeit ein, um deutlich zu machen, wie viel dem Mann an seinen Töchtern liegt, weshalb er auch zu durchaus drastischen Mitteln greift, wenn er ihr Glück gefährdet sieht.
Es ist dramaturgisch geschickt herausgearbeitet, wie der an sich so besonnene und ausgeglichene Arzt allmählich die Fassung verliert, sich zunehmend bei seinen Radrenn-Trips verausgabt und schließlich auch im OP-Saal die nötige Sicherheit vermissen lässt, während er auf der anderen Seite eine ungewohnt harte Gangart gegen Óttar einschlägt.
Nach der eher konventionell inszenierten Exposition gewinnt „Der Eid“ ab dem Zeitpunkt an Fahrt und psychologischer Tiefe, sobald Finnur den vermeintlichen Freund seiner Tochter als Feind betrachtet, der nichts Gutes für Anna im Sinn hat. Wie kompromisslos Finnur letztlich seine Mission ausführt und dabei immer wieder an die Grenzen seines durch den Eid des Hippokrates definierten Gewissens gerät, zählt zu den großen Stärken eines Films, der im wahrsten Sinne des Wortes unter die Haut geht.
"Der Eid" in der IMDb

Kommentare

Beliebte Posts