Das Loch
Mit Filmen wie „Goldhelm“ (1952) und „Wenn es Nacht wird in Paris“ (1954) kreierte Jacques Becker Klassiker des französischen Nachkriegskinos. Der ehemalige Regieassistent von Jean Renoir wurde auch von den kritischen Filmemachern der Nouvelle Vague geschätzt, veröffentlichte 1960 mit „Das Loch“ aber bereits seinen letzten Film, der wie die beiden oben erwähnten Klassiker zusammen mit „Edouard und Caroline“ (1951) nun in der „Jacques Becker Edition“ von StudioCanal erscheint.
Die vier Gefängnisinsassen Volsselin (Raymond Meunier), Roland Darbant (Jean Keraudy), Geo Cassid (Michel Constantin) und Manu Borelli (Philippe Leroy) planen 1947 den Ausbruch aus ihrer Zelle im Pariser Gefängnis La Santé. Bevor sie mit ihren Vorbereitungen beginnen, bekommen sie von dem jungen Claude Gaspard (Marc Michel) Gesellschaft, der aus einer anderen Zelle zu ihnen verlegt worden ist und von seiner Frau beschuldigt wird, dass er sie mit einem Gewehr tödlich verletzen wollte.
Wegen seiner offenen und charmanten Art wird Claude schnell ins Vertrauen der Männer gezogen, schließlich lassen sich die Pläne nicht ohne ihn umsetzen. In mühsamer Arbeit schlagen und graben sich jeweils zwei der Männer nachts vom Zellenboden aus in die mögliche Freiheit, müssen aber auch in den Kanalisationsschächten immer mit Kontrollgängen der Wärter rechnen. Doch kurz vor dem Finale wird Claude zum Direktor bestellt …
Beckers letzter Film bedeutete gleichzeitig den Beginn der Filmkarriere von José Giovanni, auf dessen Erinnerungen „Das Loch“ beruht. Nachdem sich nämlich der Regisseur die Filmrechte an dem 1957 erschienenen Buch gesichert und sich mit Giovanni angefreundet hatte, wirkte der ehemalige Häftling zunächst am Drehbuch mit und verfasste nachfolgend auch Drehbücher für die Filmemacher Claude Sautet, Henri Verneuil und Jean-Pierre Melville.
Für einen Film, der sich stets auf Augenhöhe und in Gesellschaft mit den Gefangenen befindet, die Gefängnismauern bis auf wenige eindrucksvolle Ausnahmen nicht verlässt, war eine Spielzeit von über zwei Stunden für damalige Verhältnisse ungewöhnlich lang. Aber indem Becker den Zuschauer quasi von Beginn an mit den Gefängnisinsassen einsperrt, entsteht eine fast körperliche spürbare Spannung, denn Becker beschreibt sehr akribisch die schweißtreibenden Bemühungen der Zellengenossen, ihren Weg in die Freiheit zu finden.
Minutenlang beobachtet und hört man die mit Hand geführten Schläge des Meißelersatzes auf stahlharten Beton, der sich nur krümelweise zu lösen scheint. Der Ausbruchsplan beschwört ein eigenes Gemeinschaftsgefühl zwischen den Gefangenen. Während die bereits verurteilten älteren Insassen nichts zu verlieren haben, kann Claude immer noch hoffen, dass seine Frau, mit dessen Schwester er eine Affäre unterhält, ihre Anzeige zurückzieht. Das sorgt ebenso für spürbares Misstrauen bei seinen Mithäftlingen wie sein offensichtlich gutes Verhältnis zum Gefängnisdirektor, der Claude für einen besonders höflichen, netten Burschen hält.
Doch da Claude ebenso wie die anderen fleißig bei den körperlich anstrengenden und nervlich aufreibenden Arbeiten des Fluchtweges mithilft und sie ihn ja nicht ausschließen können, entwickelt sich ein vertrauensvolles Miteinander, bei dem Essenspakete brüderlich geteilt werden und man einander den Rücken freihält.
Becker urteilt in „Das Loch“ weder über die Gefangenen noch über die Wärter, stattdessen fokussiert er sich auf den unbändigen Freiheitsdrang seiner eingeschlossenen Figuren und macht den Zuschauer quasi zum Komplizen, der nur Bewunderung für die Kameradschaft, den Willen, die Ausdauer und die Geschicklichkeit der Gefangenen empfinden kann. Schließlich will der Zuschauer auch selbst mit den Gefangenen wieder die Freiheit genießen.
Die Spannung bezieht der Film dabei nicht nur aus der Frage, ob der Ausbruch am Ende auch gelingt, sondern auch aus der Frage, welche Rolle der junge Claude in dem Drama spielen mag, ob er tatsächlich ein zufällig in die Zelle verlegter Mann ist, der auf seinen Prozess wartet, oder ein Spitzel des Direktors sein könnte.
Jacques Becker erkrankte bereits während der Dreharbeiten schwer an Krebs und verstarb kurze Zeit nach Fertigstellung des Films. Mit „Das Loch“ hat er einen existentialistischen Gefängnisfilm geschaffen, der weit weniger berühmt ist als Genre-Klassiker wie „Papillon“, „Gesprengte Ketten“ oder „Die Verurteilten“, aber fraglos selbst das Zeug zum Klassiker hat.
"Das Loch" in der IMDb
Die vier Gefängnisinsassen Volsselin (Raymond Meunier), Roland Darbant (Jean Keraudy), Geo Cassid (Michel Constantin) und Manu Borelli (Philippe Leroy) planen 1947 den Ausbruch aus ihrer Zelle im Pariser Gefängnis La Santé. Bevor sie mit ihren Vorbereitungen beginnen, bekommen sie von dem jungen Claude Gaspard (Marc Michel) Gesellschaft, der aus einer anderen Zelle zu ihnen verlegt worden ist und von seiner Frau beschuldigt wird, dass er sie mit einem Gewehr tödlich verletzen wollte.
Wegen seiner offenen und charmanten Art wird Claude schnell ins Vertrauen der Männer gezogen, schließlich lassen sich die Pläne nicht ohne ihn umsetzen. In mühsamer Arbeit schlagen und graben sich jeweils zwei der Männer nachts vom Zellenboden aus in die mögliche Freiheit, müssen aber auch in den Kanalisationsschächten immer mit Kontrollgängen der Wärter rechnen. Doch kurz vor dem Finale wird Claude zum Direktor bestellt …
Beckers letzter Film bedeutete gleichzeitig den Beginn der Filmkarriere von José Giovanni, auf dessen Erinnerungen „Das Loch“ beruht. Nachdem sich nämlich der Regisseur die Filmrechte an dem 1957 erschienenen Buch gesichert und sich mit Giovanni angefreundet hatte, wirkte der ehemalige Häftling zunächst am Drehbuch mit und verfasste nachfolgend auch Drehbücher für die Filmemacher Claude Sautet, Henri Verneuil und Jean-Pierre Melville.
Für einen Film, der sich stets auf Augenhöhe und in Gesellschaft mit den Gefangenen befindet, die Gefängnismauern bis auf wenige eindrucksvolle Ausnahmen nicht verlässt, war eine Spielzeit von über zwei Stunden für damalige Verhältnisse ungewöhnlich lang. Aber indem Becker den Zuschauer quasi von Beginn an mit den Gefängnisinsassen einsperrt, entsteht eine fast körperliche spürbare Spannung, denn Becker beschreibt sehr akribisch die schweißtreibenden Bemühungen der Zellengenossen, ihren Weg in die Freiheit zu finden.
Minutenlang beobachtet und hört man die mit Hand geführten Schläge des Meißelersatzes auf stahlharten Beton, der sich nur krümelweise zu lösen scheint. Der Ausbruchsplan beschwört ein eigenes Gemeinschaftsgefühl zwischen den Gefangenen. Während die bereits verurteilten älteren Insassen nichts zu verlieren haben, kann Claude immer noch hoffen, dass seine Frau, mit dessen Schwester er eine Affäre unterhält, ihre Anzeige zurückzieht. Das sorgt ebenso für spürbares Misstrauen bei seinen Mithäftlingen wie sein offensichtlich gutes Verhältnis zum Gefängnisdirektor, der Claude für einen besonders höflichen, netten Burschen hält.
Doch da Claude ebenso wie die anderen fleißig bei den körperlich anstrengenden und nervlich aufreibenden Arbeiten des Fluchtweges mithilft und sie ihn ja nicht ausschließen können, entwickelt sich ein vertrauensvolles Miteinander, bei dem Essenspakete brüderlich geteilt werden und man einander den Rücken freihält.
Becker urteilt in „Das Loch“ weder über die Gefangenen noch über die Wärter, stattdessen fokussiert er sich auf den unbändigen Freiheitsdrang seiner eingeschlossenen Figuren und macht den Zuschauer quasi zum Komplizen, der nur Bewunderung für die Kameradschaft, den Willen, die Ausdauer und die Geschicklichkeit der Gefangenen empfinden kann. Schließlich will der Zuschauer auch selbst mit den Gefangenen wieder die Freiheit genießen.
Die Spannung bezieht der Film dabei nicht nur aus der Frage, ob der Ausbruch am Ende auch gelingt, sondern auch aus der Frage, welche Rolle der junge Claude in dem Drama spielen mag, ob er tatsächlich ein zufällig in die Zelle verlegter Mann ist, der auf seinen Prozess wartet, oder ein Spitzel des Direktors sein könnte.
Jacques Becker erkrankte bereits während der Dreharbeiten schwer an Krebs und verstarb kurze Zeit nach Fertigstellung des Films. Mit „Das Loch“ hat er einen existentialistischen Gefängnisfilm geschaffen, der weit weniger berühmt ist als Genre-Klassiker wie „Papillon“, „Gesprengte Ketten“ oder „Die Verurteilten“, aber fraglos selbst das Zeug zum Klassiker hat.
"Das Loch" in der IMDb
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