Edouard und Caroline

Nachdem sein vorangegangener Film „Jugend von heute“ (1949) weder bei den Produzenten noch bei den Kritikern besonders gut ankam, ließ sich Jacques Becker zwei Jahre Zeit für seinen nächsten Film, den er in nur wenigen Wochen mit überschaubarem Budget realisieren sollte. Tatsächlich ist das Ergebnis mit „Edouard und Caroline“ 1951 sehr ansprechend und längst nicht so düster ausgefallen wie Beckers nachfolgenden Klassiker „Goldhelm“, „Wenn es Nacht wird in Paris“ und „Das Loch“.
Obwohl Caroline (Anne Vernon) aus guter Familie stammt, hat sie den zwar talentierten, aber mittellosen Pianisten Edouard Mortier (Daniel Gélin) geheiratet, mit dem sie in ihrer kleinen Ein-Zimmer-Wohnung lebt. Zwei Stunden, bevor sie gemeinsam zu einer Abendgesellschaft von Carolines wohlhabenden Onkel Claude Beauchamp (Jean Galland) gehen wollen, wo Edouard etwas vorspielen soll, beginnen die jungen Eheleute über Kleidungsfragen zu streiten. Während Caroline ihr altes Kleid mit einer Blume aufzupeppen hofft, die ihr Edouard noch kaufen soll, vermag dieser seine einzige Weste nicht zu finden. Claudes Sohn Alain (Jacques François) soll hier aushelfen, doch der hat selbst ein Auge auf seine hübsche Cousine geworfen und versucht den Streit zwischen dem temperamentvollen Ehepaar für sich auszunutzen.
Edouard kommt schließlich allein und zu spät zur erwartungsfreudigen Gesellschaft der feinen Leute und kann die Gäste mit seiner Spielkunst begeistern. Doch schon nach kurzer Zeit bricht Edouard das Musizieren ab und will zurück zu seiner geliebten Caroline, die bereits mit Scheidung gedroht hat …
Nach dem relativen Misserfolg von „Jugend von heute“ ging Jacques Becker seinen nächsten Film in jeder Hinsicht mit stark reduzierterem Aufwand an. So spielt sich die kaum nennenswerte Handlung allein in dem Apartment von Edouard und Caroline sowie in den feudalen Räumlichkeiten der Beauchamps ab, das Ensemble besteht nur aus dem Ehepaar und der gepflegten Abendgesellschaft, die Handlung beschränkt sich auf den zunehmend eskalierenden Streit über die Abendgarderobe der Mortiers und auf die spielerisch humorvollen Unterhaltungen bei Carolines Onkel.
Mit Anne Vernon („Bel Ami, der Frauenheld von Paris“, „Luftschlösser“) und Daniel Gélin („Das Leben ist ein langer ruhiger Fluss“, „Der Mann, der zu viel wusste“) hat Becker zwei wunderbare Hauptdarsteller gefunden, die das leidenschaftliche junge Paar mit überzeugend authentischem Humor und Temperament spielt. Aber auch die Bemühungen der feinen Gesellschaft, witzig und geistreich zu sein, wirken ebenso glaubwürdig in Szene gesetzt. Allerdings verzichtet Becker auf eine sozialkritische Deutung im Umgang der unterschiedlichen Gesellschaftsschichten miteinander. Auch hier dominiert der feine Humor, etwa wenn der russische Aushilfskellner Igor nicht wie geboten den Dienstboteneingang nimmt. Dass trotz aller ernster Zwischenfälle die Liebe und der feine Humor die Überhand behalten, macht „Edouard und Caroline“ zu einer gefälligen Liebeskomödie, die durch ihre beiden wunderbaren Hauptdarsteller und die flotten Dialoge besticht. 
"Edouard und Caroline" in der IMDb

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