The Artist
Während die rasanten Entwicklungen in der Technik immer größeren Einfluss auf heutige Kinoproduktionen nehmen und den Zuschauer mit glasklarem Dolby-Surround-Sound, dreidimensionalen Bilderwelten und am Computer generierten Special Effetcs verführt, lässt sich kaum noch nachvollziehen, wie anders die Produktionsbedingungen und Rezeptionserfahrungen zu Beginn der Kinogeschichte doch gewesen sind. Wer mit den Werken von Charlie Chaplin, D.W. Griffith, Friedrich Wilhelm Murnau, Buster Keaton oder Fritz Lang nicht vertraut ist, bekommt zumindest mit dem wunderbar nostalgisch inszenierten Meisterwerk „The Artist“ eine Ahnung von dem Zauber früher Kinoerfahrungen.
1927 ist für den Stummfilmstar George Valentin (Jean Dujardin) die Welt in bester Ordnung. Das Publikum feiert gerade seinen neuen Film „A Russian Affair“, da begegnet er auf dem roten Teppich zufällig der angehenden Actrice Peppy Miller (Bérénice Bejo), was die Presse gleich zu Spekulationen veranlasst, was es mit diesem hübschen Mädchen auf sich haben könnte. Und schon landet Peppy mit einer kleinen Nebenrolle in Valentins nächstem Film. Da Valentin verheiratet ist, kommt es zu keiner Romanze, wie sich Peppy das vielleicht wünschen würde, und so trennen sich zunächst ihre Wege. Zwei Jahre später beginnt der Tonfilm Einzug in die Kinos zu halten, was Valentin zunächst unbekümmert belächelt. Sein Produzent Zimmer (John Goodman) kann ihn nicht dazu bewegen, sich auf die neue Herausforderung einzulassen, sieht aber in der unbekümmerten Peppy einen Stern am Himmel der neuen Ära und baut sie konsequent zum Star auf. Währenddessen muss Valentin feststellen, dass sein Typ nicht mehr gefragt ist …
Der französische Filmemacher Michel Hazanavicius entführt seine Zuschauer mit „The Artist“ in eine längst vergessene Epoche, als der Tonfilm langsam aber sicher seinen Siegeszug antrat und all jene Stummfilmstars ins Abseits manövrierte, die zwar wunderbar mit Gesten und ausdrucksvoller Mimik ihre Gedanken und Gefühle zum Ausdruck bringen konnten, aber nicht die nötige Stimme hatten, um auch ohne die zuvor notwendig übertrieben dargestellten Posen überzeugen zu können.
Hazanavicius fängt den Charme der Stummfilm-Ära mit passenden Schwarz-Weiß-Bildern ein und greift etliche Techniken auf, die für diese Zeit charakteristisch waren, bringt aber eine ganz eigene Note in seinen Film hinein, wenn er beispielsweise einige Klänge einführt, die den Umbruch zum Tonfilm kennzeichnen, oder wenn Ludovic Bources stimmungsvoller Score das Leinwandgeschehen adäquat untermalt. Die Geschichte eines Filmstars, der allmählich in Vergessenheit gerät, und einer jungen Schauspielerin, die den Umbruch als Karriereschub zu nutzen versteht, ist von den beiden Darstellern großartig gespielt und erfrischend inszeniert. Ihre Hassliebe bietet den treibenden Kern des Films, der sich als Liebeserklärung an das Kino an sich versteht und augenzwinkernd so einige Klassiker der Filmgeschichte zitiert. Da sind die fünf gewonnen Oscars für den besten Film, die beste Regie, den besten Hauptdarsteller, die beste Musik und das beste Kostümdesign mehr als gerechtfertigt.
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