No Turning Back

Ein-Personen-Stücke wie die Thriller „Nicht auflegen!“ und „Lebendig begraben“ leben nicht nur von einem stimmigen Drehbuch, sondern vor allem von dem Darsteller, auf dessen Schultern der komplette Film lastet. Denn wenn es ihm nicht gelingt, das Publikum von Beginn auf seine Seite zu ziehen, sich für seine Geschichte zu interessieren, ist der Film schon gescheitert. Im Gegensatz zu den lebensbedrohlichen Situationen, denen Colin Farrell und Ryan Reynolds in den eingangs erwähnten Psycho-Thrillern ausgesetzt sind, hat es Tom Hardy in „No Turning Back“ nur mit schwerwiegenden beruflichen und persönlichen Problemen zu tun. Wie er damit während seiner einsamen Fahrt auf der Autobahn nach London umgeht, ist allerdings äußerst kurzweilig inszeniert.
Eigentlich wollte der erfolgreiche Bauingenieur Ivan Locke (Tom Hardy) nach Feierabend mit seinen beiden Jungs und seiner Frau Katrina zuhause in Birmingham ein Fußballspiel im Fernsehen ansehen, doch der verzweifelte Anruf einer einsamen Frau ändert sein ganzes Leben. Statt nach Hause zu seiner Familie zu fahren, nimmt er eine mehrstündige Autofahrt nach London auf sich, wo seine frühere Kurzzeit-Assistentin im Krankenhaus gerade das Kind zur Welt bringt, das sie mit Ivan bei einem einmaligen Seitensprung gezeugt hat. Da Ivan selbst als Kind erleben musste, wie schrecklich es ist, ohne Vater aufzuwachsen, will er sich seiner Verantwortung stellen. Dabei ist er sich wohl bewusst, dass er mit dieser Entscheidung einiges aufs Spiel setzt: Das historische Großbauprojekt, für das am nächsten Morgen riesige Mengen an C6-Beton gegossen werden soll, will er nicht selbst beaufsichtigen, was mehr als nur für Unverständnis bei seinem Chef sorgt. Und Katrina reagiert völlig verstört auf die Nachricht, dass Ivan sich diesen Fehltritt geleistet hat …
Der britische Drehbuchautor Steven Knight  („Tödliche Versprechen“, „Kleine schmutzige Tricks“) legt nach seinem Regiedebüt („Redemption“) mit „No Turning Back“ ein minimalistisch inszeniertes Drama vor, in dem Tom Hardy („The Dark Knight Rises“, „Warrior“) eine bewegende Performance eines ganz gewöhnlichen Mannes abliefert, der zu seinem einmaligen Fehltritt steht und dafür die bittersten Konsequenzen zu tragen bereit ist. Zu sehen gibt es dabei nicht viel. Die Kamera filmt Ivans Autofahrt mal von innen, mal von außen, die Scheinwerfer, die Straßenbeleuchtung und das Display des Navigationssystems sorgen für die leuchtenden Akzente in der abendlichen Dunkelheit, ansonsten darf der Zuschauer Ivan Locke dabei beobachten, wie verschiedene Gefühlsregungen während der fast pausenlosen Gespräche mit Kollegen, Vorgesetzten, seinen Söhnen, seiner Frau und der Mutter seines nächsten Kindes die Mimik des Mannes prägen. So lebt „No Turning Back“ einerseits von den packenden Telefon-Dialogen, die Ivan Locke mit seinen mehr oder weniger wütenden, traurigen und verzweifelten Gesprächspartnern führt und die das Geschehen vorantreiben, andererseits überzeugt Tom Hardy als getriebener Mann mit einer unerschütterlichen Überzeugung, das einzig Richtige zu tun, auf eine fast schon mitleiderregende Art, der man nur Bewunderung zollen kann.
"No Turning Back" in der IMDb

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