Gefühlt Mitte Zwanzig

Der in Brooklyn als Sohn zweier Filmkritiker geborene Noah Baumbach hat sich seit seinem Film „Der Tintenfisch und der Wal“ (2005) zu einem der bemerkenswertesten Drehbuchautoren und Independentfilmemacher in Hollywood entwickelt, der gerade mit seinen letzten beiden Werken „Greenberg“ (2010) und „Frances Ha“ (2012) wunderschön humorvoll wie tiefsinnig die Selbstfindungsprobleme seiner ProtagonistInnen thematisierte. Mit seinem neuen Film „Gefühlt Mitte Zwanzig“ setzt er diesen Reigen elegant fort und lässt die beiden Fortysomethings Ben Stiller und Naomi Watts mitten in der New Yorker Kunstszene noch mal das Gefühl nachempfinden, das Leben so unbeschwert wie ein Twentysomething zu genießen.
Der Dokumentarfilmer Josh (Ben Stiller) befindet sich in einer offensichtlichen Sinnkrise. Als Dozent verdient er nicht genug, um sein aktuelles Projekt, an dem er seit acht Jahren arbeitet, beenden zu können. Er ist allerdings auch zu stolz, die Beziehungen seiner Frau Cornelia (Naomi Watts) als Filmproduzentin zu nutzen, vor allem nicht die zu ihrem Vater, der eine wahre Legende des Dokumentarfilms ist. So wirklich zufrieden sind Josh und Cornelia auch mit ihrer Beziehung nicht, die sich längst auf eingefahrenen Bahnen bewegt und kaum noch spontanen Eingebungen folgt.
Dass ihre gemeinsamen Freunde nach und nach Kinder in die Welt setzen und sich so von ihren eigenen Lebensentwürfen zunehmend entfremden, macht die Sache nicht leichter. Das ändert sich erst, als Josh und Cornelia sich mit dem zwanzig Jahre jüngeren Hipster-Paar Jamie (Adam Driver) und Darby (Amanda Seyfried) anfreunden, die genau den frischen Schwung besitzen, nach dem sich die Mittvierziger wieder etwas zurücksehnen. Josh geht dabei auch gern in der Rolle des Mentors von Jamie auf, der etwas unkonventioneller an die Filmarbeit herangeht. Doch der Altersunterschied macht die Freundschaft zwischen den beiden Pärchen nicht unbedingt problemlos.
Nachdem Noah Baumbach bereits seinen Film „Greenberg“ quasi auf seinen Hauptdarsteller Ben Stiller zugeschnitten hat, macht Stiller („Das erstaunliche Leben des Walter Mitty“) auch in Baumbachs neuen Werk eine starke Figur als geradezu akribisch arbeitender, sich auf keine künstlerischen Kompromisse einlassender Künstler, der sich nichtsdestotrotz dafür begeistern kann, sich vom unbeschwerten Schwung der jüngeren Generation mitreißen zu lassen.
Wie Stiller und Watts ihrer verlorenen Jugend wieder nacheifern, sorgt für etliche komische Momente in einem Film, der aber auf einer tiefgründigeren Ebene durchaus ganz ernste Themen aufarbeitet, nämlich den Jugendwahn und der Prozess des Alterns einerseits, die Integrität des Künstlers andererseits. Denn je mehr sich die beiden altersmäßig fast eine Generation auseinanderliegenden Paare näherkommen, desto deutlicher werden auch die Unterschiede, wie die Jüngeren und die Reiferen ihre Liebesbeziehungen und ihr künstlerisches Schaffen definieren. Baumbach gelingt es dabei, die humorvolle Leichtigkeit, mit der seine Figuren miteinander umgehen, immer wieder auf eine tiefere Bedeutungsebene zu führen und ein stimmiges Gleichgewicht zwischen geistreichem Humor und hintersinnigen Fragen zum Leben, zur Liebe und zur Kunst herzustellen.
Ein starkes Ensemble und das passende Künstler-Ambiente runden „Gefühlt Mitte Zwanzig“ wunderbar ab.
"Gefühlt Mitte Zwanzig" in der IMDb

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