Carol

Eine der sechs Persönlichkeiten, die Bob Dylan in Todd Haynes' "I'm Not There" (2007) verkörpern sollten, mit Cate Blanchett zu besetzen hat sich mehr als bezahlt gemacht, denn für ihre Nebenrolle wurde die Schauspielerin nicht nur mit einer Golden-Globe-Auszeichnung und einer Oscar-Nominierung bedacht, sondern auch in Haynes' neuen Film "Carol" als Hauptdarstellerin engagiert, was ihr die siebte Oscar-Nominierung einbrachte. Aber auch ihre Filmpartnerin Rooney Mara ("The Social Network", "Side Effects") macht in der Verfilmung von Patricia Highsmiths Roman "Salz und sein Preis" eine fabelhafte Figur.
Während Therese (Rooney Mara) von einer Anstellung am Theater als Setdesignerin träumt, lebt sie mit dem Richard (Jake Lacy) zusammen, dessen Liebe sie nicht wirklich erwidern kann, und jobbt im New York der 50er Jahre als Verkäuferin in einem Kaufhaus. Dort macht sie die Bekanntschaft der wohlhabenden Carol Aird (Cate Blanchett), der sie eine Modell-Eisenbahn nach Hause liefern lässt. Obwohl sie unterschiedlich alt sind und aus verschiedenen gesellschaftlichen Schichten stammen, fühlen sich die beiden Frauen in den Beziehungen zu ihren Männern, die sie nicht lieben, vereint. Carol freundet sich mit Therese an, was Carols standesbewusster Mann Harge (Kyle Chandler) überhaupt nicht gefällt und ihn dazu veranlasst, in der bevorstehenden Scheidung das alleinige Sorgerecht für die gemeinsame Tochter einzuklagen. Ihm ist noch Carols Affäre mit ihrer besten Freundin Abby (Sarah Paulson) schmerzhaft in Erinnerung. Um einen weiteren Skandal zu vermeiden, greift er auch zu wenig schmeichelhaften Mitteln ...
Bereits in seinem 2002 inszenierten Film "Dem Himmel so fern" thematisierte Regisseur Todd Haynes ("Velvet Goldmine", "Mildred Pierce") eine verbotene Liebesbeziehung im verlogenen Amerika der 50er Jahre. Musste dort Julianne Moore als weiße Mittelschichtsfrau die Liebe zu einem schwarzen Mann verheimlichen, darf in "Carol" Cate Blanchett in ihrer Rolle als liebende Mutter und einsame Ehefrau ihre tiefen Gefühle für eine jüngere Frau so unauffällig wie möglich zum Ausdruck bringen. Dieser emotionalen Vorgabe folgt Haynes in seiner gediegenen, sehr entspannten Inszenierung, in der er viel Wert auf die richtige Atmosphäre auf allen Ebenen legt. Das beginnt bei dem Kennenlernen von Therese und Carol in dem Kaufhaus und führt über den Besuch eines Plattenladens bis zu den Zwischenstopps des vermeintlichen lesbischen Liebespaars in Motels, Restaurants und Diners. Bei all der überlegten Gestaltung lässt Haynes aber unter der schicken Oberfläche die verbotenen Gefühle der beiden Frauen zueinander brodeln, bis die zur Schau gestellte Freundschaft der leidenschaftlich empfundenen Liebe weicht und damit aber auch einen fiesen Sorgerechtsprozess in Gang bringt.
Neben der jeweils Oscar-nominierten stimmungsvollen Ausstattung, der wundervollen Kameraarbeit von Edward Lachman ("Erin Brockovich", "Dem Himmel so fern") und dem einfühlsamen Score von Carter Burwell ("Legend", "Hail, Caesar!") sind es vorallem die grandiosen Leistungen der beiden Hauptdarstellerinnen, die "Carol" zu einem emotional bewegenden Drama machen. Dabei übernimmt zwar Blanchetts Rolle eindeutig die Regie in der Beziehung und setzt alles daran, ihr Objekt der Begierde an sich zu binden, aber Rooney Mara versteht es gleichermaßen, ihre Figur nicht als bloßes Opfer wirken zu lassen, sondern als junge Frau, die noch ihren Weg finden muss, aber schon gewisse Vorstellungen von dem hat, was sie kann und will. 
"Carol" in der IMDb

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