Zazie (1960)

Nach seinen ersten beiden in Schwarzweiß gedrehten Filmen "Fahrstuhl zum Schafott" und "Die Liebenden" (beide 1958) ist Louis Malle in der Nouvelle Vague angekommen. Mit "Zazie" griff er 1960 die neuen filmischen Mittel der neuen, durch Regisseure wie Godard, Truffaut und Chabrol initiierten Bewegung auf und inszenierte einen knallbunten Varieté-Reigen, in dem ein kleines Mädchen die Welt der Erwachsenen ordentlich durcheinanderbringt.
Damit ihre Mutter (Odette Piquet) Zeit mit ihrem Liebhaber in Paris verbringen kann, gibt sie ihre zwölfjährige Tochter Zazie (Catherine Demongeot) bei Verwandten in der Stadt ab. Ihr größter Wunsch ist es, Paris mit der Metro zu erkunden, doch die wird gerade bestreikt, so dass sich Zazie vorgenommen hat, die Metropole auf eigene Faust zu entdecken, was ihren Onkel (Philippe Noiret) einiges an Nerven kostet. So entwischt Zazie dem Bistro-Besitzer Turandot (Hubert Deschamps), der auf sie aufpassen soll, und bezichtigt ihn während der Verfolgungsjagd der Belästigung. Sie lernt auf dem Flohmarkt einen "netten Onkel" kennen, der Zazie verspricht, ihr eine Blue Jeans zu kaufen, entreißt ihm die Hose und flüchtet zu ihrem Onkel, der sie zunächst mit einem Taxi durch die Stadt führt. Am Ende ihres zweitägigen Paris-Trips kommt es in einer Brasserie zu einer ausufernden Rauferei, bei der kaum ein Stein auf dem anderen bleibt ...
Wie schon seine ersten beiden Filme hat Louis Malle auch "Zazie" nach einer literarischen Vorlage inszeniert, diesmal nach dem 1959 erschienenen Roman "Zazie in der Metro" von Raymond Queneau. Auch wenn Malle ein ganz anderes Sujet, knallige Farben, fröhliche Musik und spielerische filmische Mittel eingesetzt hat, blieb der Regisseur mit "Zazie" seinem Thema der unerfüllten Hoffnung treu, diesmal in Gestalt des lebensfrohen und aufgeweckten Mädchens Zazie, das die ihm verwehrte Möglichkeit, mit der Metro zu fahren, auf eigene Weise kompensiert.
Zazie verwandelt mit ihrer unbekümmerten und forschen Art die scheinbare Ordnung in der Großstadt in ein krachendes, knallbuntes Chaos, in dem die Erwachsenen ebenso gefangen sind wie Zazie selbst. Jeder Moment der vermeintlichen Erkenntnis über den Lauf der Dinge verwandelt sich unversehens in eine anarchistische Tour de Force, die in ein unüberschaubares Slapstick-Gewitter voller skurriler Figuren und Ereignisse mündet. "Zazie" zählt mittlerweile zu einem der Schlüsselfilme der Nouvelle Vague und ist in der nun von StudioCanal veröffentlichten "Louis Malle Edition"-Box enthalten, die auch die DVDs zu "Fahrstuhl zum Schafott", "Die Liebenden", "Das Irrlicht", "Lacombe Lucien", "Eine Komödie im Mai", "Mein Essen mit André", "Black Moon" und "Verhängnis" enthält. 
"Zazie" in der IMDb

Kommentare

Beliebte Posts