Er ist wieder da

Vor dem Hintergrund, dass die NPD quasi aus der deutschen Parteienlandschaft verschwunden ist, dafür aber die AfD mit erschreckend guten Wahlergebnissen rechtsextremen Gesinnungen wieder mehr Aufmerksamkeit schenkt, ist die David Wnendts ("Feuchtgebiete") Verfilmung von Timur Vermes' Bestseller "Er ist wieder da" so aktuell wie nie. Adolf Hitler in der heutigen Zeit zu reaktivieren mag vielen als schlechter Scherz erscheinen, doch der mit dokumentarischen Szenen angereicherte Film macht deutlich, dass "der Führer" auch gut 70 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs treue Anhänger finden würde.
Leicht verdreckt, aber bei guter körperlicher Verfassung kommt Adolf Hitler (Oliver Masucci) anno 2014 mitten in Berlin zu Bewusstsein und wundert sich, wie die Welt um ihn herum aussieht. Bei einem Kioskbesitzer (Lars Rudolph) findet Hitler nicht nur zeitweise Unterschlupf, sondern informiert sich auch über das aktuelle Tagesgeschehen. Was er da zu lesen bekommt und auf den von Ausländern bevölkerten Straßen in Berlin zu sehen bekommt, erschüttert ihn maßlos.
Als der gerade von seinem Produzenten Sensenbrink (Christoph Maria Herbst) gefeuerte Fernseh-Reporter Sawatzki (Fabian Busch) auf die vermeintliche Hitler-Imitation aufmerksam wird, wittert er seine große Chance auf ein Comeback und kann durch einen ersten Clip im Internet tatsächlich sowohl Sensenbrink als auch Senderchefin Bellini (Katja Riemann) überzeugen. Hitler soll ein eigenes Büro und eine eigene Show bekommen. Sawatzki reist mit dem Führer durch Deutschland und dokumentiert, wie Hitler, der kein gutes Haar an den aktuellen Parteien - außer den Grünen! - lässt, Bürger fragt, wo ihnen der Schuh drückt ...
Auch wenn David Wnendt nicht die ganze satirische Härte der 400-seitigen Romanvorlage adaptiert, gelingt es ihm, mit "Er ist wieder da" vor allem deutlich zu machen, dass Adolf Hitler noch längst keine vergessene und abgehakte Geschichte ist, sondern auch heutzutage durchaus bedrohliches Erfolgspotenzial besitzt. Während die leider etwas zur bloßen Karikatur verkommenen Fernsehleute davon ausgehen, mit dem Hitler-Darsteller einen fette Quoten versprechenden Comedy-Star vor sich zu haben, geht allein dem noch bei Mutti lebenden Journalisten Sawatzki allmählich auf, dass er es vielleicht doch nicht nur mit einer zugegeben restlos überzeugenden Imitation des Führers zu tun hat. Zwar lockt "Er ist wieder da" mit großen Namen wie Christoph Maria Herbst ("Stromberg") und Katja Riemann ("Fack ju Göhte"), aber der eigentliche Star des Films ist der Wiener Burgtheater-Schauspieler Oliver Masucci, der Adolf Hitler auch im Sprach-Duktus täuschend echt zu imitieren versteht. Während seine prominenten Kollegen allein ihre populären Rollen widerkäuen, nimmt Masucci den Zuschauer mit auf eine Deutschland-Reise, die der Bevölkerung und damit auch dem Zuschauer den Spiegel vorhält.
Mit teilweise versteckter Kamera marschiert Hitler auf einen Hundeübungsplatz, zu einem Imbisswagen und eine NPD-Parteizentrale, wo er dem hoffnungslos überforderten Vorsitzenden kräftig die Leviten liest. Während man sich auf der einen Seite darüber amüsiert, wie forsch Hitler seine Ansichten in der Öffentlichkeit vertritt und verschiedene Abgeordnete und Parteivorsitzende der Lächerlichkeit preisgibt, beängstigt auf der anderen Seite, wie mühelos Hitler nach wie vor Anhänger für seine Politik gewinnen würde. So stellt "Er ist wieder da" eine höchst unterhaltsame, stellenweise etwas überzogene, aber überwiegend herrlich bissige Komödie dar, die darüber hinaus ganz unbequeme Wahrheiten ans Licht bringt.
"Er ist wieder da" in der IMDb

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