Die Freibadclique

In seinem Roman „Die Freibadclique“ hat der 1929 in Mannheim geborene Grimme-Preis-Träger Oliver Storz („Gegen Ende der Nacht“) seine eigenen Erfahrungen mit den verzweifelten Versuchen der Nazis verarbeitet, durch die Rekrutierung 16-jähriger Jungen den Endsieg sicherzustellen. Friedemann Fromm, versierter Regisseur für historische Stoffe („Weissensee“, „Die Wölfe“), hat sich der bewegenden Geschichte ebenso frei wie feinfühlig angenommen und ein Coming-of-Age-Drama inszeniert, das durch seine eindringliche Inszenierung und die starken Darsteller überzeugt.
Der Alltag der 16-jährigen Freunde Onkel (Jonathan Berlin), Knuffke (Theo Trebs), Bubu (Andreas Warmbrunn), Zungenkuss (Joscha Eißen) und Hosenmacher (Laurenz Lerch) ist 1944 in Schwäbisch Hall von der deutschen Kriegspropaganda geprägt, die sie im städtischen Freibad zu vergessen versuchen. Hier teilen sie ihre Ängste, in die Waffen-SS eingezogen zu werden, hier schwören sie ihre Eintracht und schwärmen für die schöne Luftwaffenhelferin Lore (Lili Epply), die ihnen mit ihrem roten Badeanzug gehörig den Kopf verdreht.
Nach und nach werden die Freunde doch noch eingezogen, leisten als Hitlerjungen ihren Beitrag für die „Volksgemeinschaft“, zwei von ihnen müssen doch zur gefürchteten Waffen-SS. Die Monate bis zum Kriegsende hinterlassen ihre Spuren: Zungenkuss fällt dem Krieg ganz zum Opfer, Knuffke büßt eines seiner Augen ein, Onkel und Bubu nutzen einen gescheiterten Einsatz als Möglichkeit, kurz vor Kriegsende zu desertieren. Als sich die vier übrig gebliebenen Freunde im Sommer 1945 wiedersehen, hat sich einiges geändert, auch zwischen ihnen. Knuffke glaubt sich durch seine Freundschaft mit einem US-Captain (Karel Dobry) auf der Gewinnerseite und hat sich in dessen Mädchen Gunda (Vica Kerekes) verliebt. Sein bester Freund Onkel traut diesem Frieden aber nicht und warnt Knuffke vor den vermeintlich lukrativen Geschäften auf dem Schwarzmarkt …
In seinem 2008 veröffentlichten Roman „Die Freibadclique“ hat der langjährige Feuilletonredakteur Theaterkritiker, Drehbuchautor und Regisseur Oliver Storz (1929-2011) seine eigene Einberufung als 15-Jähriger zum „Volkssturm“ aufgearbeitet, dabei aber auch die ganz normalen Sehnsüchte seiner Generation nach Sex, Musik und Freiheit thematisiert. Friedemann Fromm hat diese Themen sehr eindrücklich in Szene gesetzt und dabei das Geschehen geschickt zwischen amerikanischen Noir-Vorbildern und vertrauter Nazi-Ästhetik eingebettet. Der Krieg wird dabei mit seinen Schrecken an der Front und durch die Luftangriffe ebenso geschildert wie die brutale Einberufung der jungen Männer, die gar nicht recht begreifen, was mit ihnen geschieht. Vielmehr als das Kriegsgeschehen thematisiert Fromm aber das Innenleben seiner jungen Protagonisten, die ersten sexuellen Erlebnisse, das romantische Schwärmen und die Verantwortung, die die Freunde füreinander übernehmen.
Vor allem macht der Film deutlich, wie sehr der Krieg die Freunde verändert, in ihrem Vertrauen zueinander, im Alltag, in ihren möglichen Beziehungen. Der schwäbische Dialekt macht das Ganze zwar authentisch, erschwert allerdings gelegentlich das Verstehen vereinzelter Dialoge. Nicht nur das aufwändige Produktionsdesign, die stimmungsvolle Kameraarbeit und die eindringliche Musik von Annette Focks („Krabat“, „Vier Minuten“) sorgen für ein bewegendes Filmerlebnis, auch die Darstellungen von Theo Trebs und Jonathan Berlin als Knuffke und Onkel tragen ihren Teil dazu bei, dass „Die Freibadclique“ dem Zuschauer nachhaltig in Erinnerung bleibt. 
"Die Freibadclique" in der IMDb

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