Silver Linings

David O. Russell hat es schon in seinen bisherigen Komödien wie „Flirting With Disaster“, „Three Kings“ oder „I Heart Huckabees“ hervorragend verstanden, jenseits der gemeinhin als normal definierten Masse lebende Figuren durch außergewöhnliche Situationen zu manövrieren. In seinem neuen Werk „Silver Linings“ verknüpft er auf berührende und humorvolle Weise die Sehnsucht seiner Protagonisten nach der Rückkehr in ein normales Leben mit einer unkonventionellen Love-Story.
Nachdem Pat Solitano (Bradley Cooper) den in flagranti erwischten Liebhaber seiner Frau Nikki (Brea Bee) brutal zusammengeschlagen hatte, verfügte das Gericht einen Aufenthalt in einer psychiatrischen Anstalt. Gegen den Rat der Ärzte hat Pats Mutter (Jacki Weaver) bei Gericht durchsetzen können, dass ihr Junge trotz seiner bipolaren Persönlichkeitsstörung mit Hang zu Temperaments- und Gewaltausbrüchen wieder in die elterliche Obhut zurückkehren darf. Daddy (Robert De Niro) ist von dieser Entwicklung zunächst überrascht, doch der neurotische wie abergläubische Hobby-Buchmacher will die plötzliche Heimkehr seines Sohnes gleich ausnutzen, um Pat als Glückbringer bei den Spielen seiner geliebten Eagles an seiner Seite zu haben. Pat denkt aber nur daran, seine geliebte Frau zurückzugewinnen, der er sich aufgrund einer richterlichen Verfügung nicht mehr nähern darf. Hier kommt aber Tiffany (Jennifer Lawrence) ins Spiel, mit der ihn sein Kumpel Ronnie (John Ortiz) und dessen Frau Veronica (Julia Stiles) verkoppeln wollen.
Tiffany hat nach dem Unfalltod ihres Mannes nämlich selbst psychische Probleme, die sich vor allem durch wahllose sexuelle Aktivitäten ausdrücken. Pat lehnt ein solch direktes Angebot zunächst ab, sieht aber in Tiffany einen Mittler zwischen sich und Nikki. Die lässt sich aber nur auf den Deal ein, wenn Pat mit ihr bei einem Tanzwettbewerb mitmacht …
Von der ersten Minute an, als Pat Solitano kurz vor seiner Entlassung noch einmal seinen Nikki-Liebesschwur einübt, präsentiert Drehbuchautor- und Regisseur David O. Russell seinen Anti-Held als sympathischen Enddreißiger mit einem echten Ziel. Dass seine psychischen Probleme aber nicht auf die leichte Schulter zu nehmen sind, wird schnell deutlich, als die brutale Reaktion auf den offensichtlichen Ehebruch ebenso rekapituliert wird wie die Aussetzer direkt nach Pats Entlassung: Da wird das Wartezimmer seines Psychiaters verwüstet, der eigene Vater verprügelt und Fensterscheiben zerstört. Doch wie sich schnell herausstellt, haben Pats vermeintlich normalen Mitmenschen auch ihre – ebenso liebenswerte- Macken, angefangen bei seinem neurotischen Dad, der nach dem Verlust seines Jobs durch Wettgewinne versucht, ein eigenes Restaurant eröffnen zu können, bis zu seinem erfolgreichen Bruder (Shea Whigham) oder seinem Psychiater (Anupam Kher). Das Hauptaugenmerk liegt aber auf der sehr komplexen Beziehung zwischen Pat und Tiffany, die einen schwierigen Start erwischen und erst über gegenseitige Gefälligkeiten einander näherkommen. Russell erzählt die verschlungenen Wege ihrer letztlich doch sehr romantischen Beziehung auf so charmante Art, dass man die mehr oder weniger verschrobenen Figuren allesamt knuddeln möchte. Das Verdienst liegt natürlich auch bei den großartigen Darstellern, allen voran Bradley Cooper („Hangover“), der sich mit seinem nuancenreichen Spiel zwischen tollendem Derwisch und verzweifeltem Liebenden endgültig als Top-Darsteller etabliert haben dürfte. Aber auch Jennifer Lawrence („Die Tribute von Panem“) macht als verstörte Witwe in Schwarz eine eindringliche Performance, die von Robert De Niro und Chris Tucker („Rush“) wundervoll ergänzt wird.
„Silver Linings“ ist einfach großes Darsteller-Kino mit tiefsinnigem Humor, der nie auf Kosten der sympathisch schrägen Figuren geht.
"Silver Linings" in der IMDb

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