Das Liebesversteck

Mit dem phänomenalen Erfolg der „Fifty Shades of Grey“-Reihe von E.L. James, deren erster Teil im vergangenen Jahr ebenso erfolgreich von der britischen Regisseurin Sam Taylor-Johnson verfilmt worden ist, sind weibliche Filmemacher im erotischen Genre zwar weiterhin die Ausnahme, rücken aber immer mal wieder ins Rampenlicht. Ob das auf Joanna Coates‘ Langfilmdebüt „Das Liebesversteck“ auch zutrifft, muss allerdings bezweifelt werden, denn die Rahmenhandlung des erotischen Aussteigerdramas fällt doch recht dürftig aus.
Die vier Twens Max (Josh O'Connor), Charlotte (Hannah Arterton), Leah (Rea Mole) und Jack (Daniel Metz) wollen aus ihren unsicheren und unglücklichen Lebensbedingungen in der anonymen Metropole Londons ausbrechen und sich in Leahs abgeschieden gelegenen Landhaus neu entdecken. Dazu gehört vor allem auch das Entdecken und Erforschen ihrer Sexualität, wofür sie einen monatlichen Belegungsplan des großen Schlafzimmers mit wechselnden Partnern entwerfen. Mit allabendlichen Spielen und Kleinkunstvorführungen wollen sich die vier Jungerwachsenen näher kennenlernen, die Fesseln ihrer teilweise scheinbar traumatischen Vergangenheit ablegen und zu einer alternativen Lebensweise finden, die von gegenseitigem Respekt und Vertrauen geprägt ist. Doch als Charlottes Ex-Freund, der Musiker Simon (Joe Banks), das Quartett aufsucht, gerät das unkonventionelle Selbstfindungsensemble in eine emotionale Schieflage …
Joanna Coates, die mit dem Darsteller Daniel Metz auch das Drehbuch zu „Hide & Seek“ – so der Originaltitel des Erotikdramas – verfasst hat, ist weit davon entfernt, mit ihrem Langfilmregiedebüt auf der „Fifty Shades of Grey“-Erfolgswelle mitreiten zu wollen. Statt tabuloser S/M-Spielchen inszeniert Coates das zaghafte Herantasten der vier Protagonisten an ihre Sexualität. Dabei zeigt die Filmemacherin auch viel Haut, doch nehmen die Sexszenen in dem Plot nicht wirklich viel Raum ein und werden eher sinnlich inszeniert und nicht gezwungen freizügig in den Vordergrund gerückt. Das bringt freilich das Problem und die Herausforderung mit sich, eine interessante Rahmenhandlung zu kreieren, die die erotischen Momente sinnvoll erklärt.
Allerdings wird es dem Betrachter schwer gemacht, sich mit den geheimnisvollen Aussteigern zu identifizieren, denn weder erfährt er, warum sich die Vier überhaupt zu diesem Projekt zusammengefunden haben, noch welche Last sie mit sich herumtragen, dass sie so zögerlich bei der Erkundung ihrer Körper und Seelen agieren. Letztlich dienen auch die seltsamen Kleinkunstaufführungen nur dazu, dem Film eine unkonventionelle Note zu verleihen, die der Geschichte allerdings keinen Zugewinn bereitet.
So bleibt „Das Liebesversteck“ ein hübsch anzusehendes Erotikdrama, das nur oberflächlich gruppendynamische Prozesse und sexuelle Entdeckungsreisen thematisiert.
"Das Liebesversteck" in der IMDb

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