Die andere Seite der Hoffnung

Seit Aki Kaurismäki 1989 mit „Leningrad Cowboys Go America“ international bekannt geworden ist, avancierte er zum populärsten Filmemacher in Finnland. Mit „Die andere Seite der Hoffnung“ präsentiert er nun nach „Le Havre“ (2011) einen weiteren Film, der sich mit der Flüchtlingsthematik auseinandersetzt. Bei aller Ernsthaftigkeit bekommt der Zuschauer aber natürlich auch den lakonisch-trockenen Humor des Ausnahme-Regisseurs zu spüren.
Kaum hat der junge Syrer Khaled (Sherwan Haji) als blinder Passagier das Frachtschiff verlassen, das ihn nach Helsinki geführt hat, sucht er ein Aufnahmelager auf, wo er sich dem Iraker Mazdak (Simon Al-Bazoon) anfreundet, und stellt bei der nächsten Polizeistelle einen Asylantrag. Sachlich schildert er, wie seine Familie Opfer eines Luftangriffs wurde, den nur er und seine Schwester Miriam (Niroz Haji) überlebt haben, von der er während der Flucht getrennt worden ist.
Da sein Asylantrag abgelehnt wird, macht er sich auf eigene Faust auf die Suche nach seiner Schwester und findet dabei einen Job als Putzkraft und Tellerwäscher in dem Restaurant „Zum goldenen Krug“. Das wurde erst kürzlich von Wikström (Sakari Kuosmanen) übernommen, nachdem dieser seinen Job als reisender Händler für Herrenhemden aufgegeben, seine Frau verlassen und das Startkapital bei einer Pokerpartie gewonnen hatte …
Statt eines hochpolitisierten Flüchtlingsdramas präsentiert uns Kaurismäki mit „Die andere Seite der Hoffnung“ auf gewohnt trocken-humorige Art das Einzelschicksal eines syrischen Flüchtlings. Mit stoischer Gelassenheit nimmt Khaled seit der Zerstörung seines Zuhauses sein Schicksal selbst in die Hand und hält sich zunächst auch an die behördlichen Weisungen. Wie unsinnig diese oft sind, macht Kaurismäki an der Gegenüberstellung der trockenen Ablehnung durch das zuständige Amt, das keine akute Gefahr in Aleppo für Khaled sieht, und einem Fernsehbericht deutlich, in dem Bilder von neuen Luftangriffen gezeigt werden.
Ein wenig soziale Wirklichkeit bekommt Khaled auch In Form der Belästigung durch Neonazis zu spüren, doch davon abgesehen bewegt sich der Film im typischen Kaurismäki-Finnland, wo Oldtimer die Straßen bevölkern, die Menschen nicht lachen, die Polizei ihre Berichte auf mechanischen Schreibmaschinen tippt und die Wohnungen einen blassen Vintage-Look besitzen.
Die Dialoge beschränken sich dabei nur auf die notwendigsten Aussagen, die Mimik bleibt übergreifend ausdruckslos. Bei all diesen vertrauten Kaurismäki-Zutaten treten aber auch immer wieder zutiefst menschliche Momente zutage, etwa, wenn sich Wikström des illegalen Flüchtlings annimmt oder seine Frau bei einem späteren Wiedersehen die Option auf eine Versöhnung kommuniziert. Dazu bevölkern immer wieder verschiedene Musiker die Szenerie, die mit ihren Songs den authentischen Soundtrack quasi am Set beisteuern und damit einen zutiefst poetischen, menschlichen und gesellschaftskritischen Film abrunden, wie ihn nur Kaurismäki produzieren kann.
"Die andere Seite der Hoffnung" in der IMDb

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