Die Valachi-Papiere

Wenn von großen Mafia-Filmen gesprochen wird, finden nahezu nur Francis Ford Coppolas „Der Pate“-Trilogie, Sergio Leones „Es war einmal in Amerika“ und Martin Scorseses „GoodFellas“ besondere Erwähnung, dabei trug der ebenso wie „Der Pate“ 1972 in den Kinos gestartete Film „Die Valachi-Papiere“ von Terence Young auch früh seinen Teil dazu bei, den Mafia-Mythos zu entzaubern.
Als Joseph Valachi (Charles Bronson) wegen Heroinschmuggels ins Staatsgefängnis von Atlanta überführt wird, muss er sich gleich mehrmals gegen tätliche Angriffe zur Wehr setzen, denn der ebenfalls dort inhaftierte Chef seines Clans, der gefürchtete Pate Vito Genovese (Lino Ventura) ist längst überzeugt davon, dass Valachi ein Spitzel ist, der nichts anderes als den Tod verdient. Bei einer letzten Unterredung in Genoveses Zelle erwidert Valachi den „Kuss des Todes“ seines ehemaligen Fürsprechers und entscheidet sich zum Abschied, als Genovese Valachis Familie erwähnt, dem FBI gegenüber auszupacken, wenn ihm und seiner Familie dafür Schutz gewährt wird.
In Rückblenden erzählt Valachi dem FBI-Agenten Ryan (Gerald S. O‘Loughlin), wie der Dieb Valachi zunächst den gebildeten Salvatore Maranzano (Joseph Wiseman) kennenlernte und zunächst als Fahrer eingestellt wurde. Dabei geriet er selbst zwischen die Fronten, an denen Salvatore Maranzano und Joe Masseria (Alessandro Sperli) um die Vorherrschaft der Mafia in New York kämpften. Später heiratete er mit Maria Reina (Jill Ireland) die Tochter von Mafioso und Maranzano-Freund Gaetano Reina (Amedeo Nazarri), der bei einem Attentat ums Leben gekommen war. Nachdem Maranzano 1931 selbst Opfer eines Komplotts geworden war, arbeitete sich Valachi als Fahrer, Handlanger und Killer für Lucky Luciano (Angelo Infanti) und schließlich für Vito Genovese nach oben und konnte schließlich ein eigenes Restaurant aufmachen. Doch dann ließ sich Valachis bester Freund Gap (Walter Chiari) mit Genoveses Geliebten ein, worauf nicht nur Gap, sondern auch Valachi den Zorn des Paten auf sich zogen …
Terence Young, der durch die James-Bond-Abenteuer „James Bond 007 jagt Dr. No“, „Liebesgrüße aus Moskau“ und „Feuerball“ in Hollywoods erste Liga aufgestiegen war, adaptierte 1972 mit „Die Valachi-Papiere“ das gleichnamige Buch von Peter Maas, der darin dokumentierte, wie erstmals ein hochrangiges Mitglied der amerikanischen Cosa Nostra das Gebot des Schweigens brach und vor dem Kongressausschuss von Senator John L. McClellan im Oktober 1963 umfassend seine Lebensgeschichte erzählte und dabei die Verbrechen der Mafia thematisierte.
Auch wenn der Film einige Fehler (die Zwillingstürme und einige Autos, die zu sehen sind, gab es zur Zeit der geschilderten Ereignisse noch gar nicht) aufweist, gibt er sich sehr viel Mühe, die komplexen Strukturen und Machtkämpfe in der Cosa Nostra zu schildern. Vor allem gewährt er erstmals einen Einblick in die Gepflogenheiten, Strukturen und Gebote der Mafia, die sich lange dem Handel mit Drogen verwehrte, bis Genovese nach seiner Rückkehr aus Sizilien, wo er 1937 aufgrund einer Anklage wegen Mordes geflohen war, auch dieses Geschäft aneignen wollte.
Allerdings geht Young bei der Beschreibung der inneren Mafia-Strukturen nicht zu sehr ins Detail, was die verschiedenen Machtkämpfe teilweise unübersichtlich macht. Dafür brillieren Lino Ventura („Armee im Schatten“, „Das Verhör“) und Charles Bronson („Ein stahlharter Mann“, „Death Wish“-Reihe) als zunächst Vertraute, dann erbitterte Feinde innerhalb der Mafia, wo Verrat und Untreue stets mit dem Tod bestraft wird.
Nun erscheint das weithin unterschätzte Werk über Koch Media erstmals auch auf Blu-ray. 
"Die Valachi-Papiere" in der IMDb

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