Frankensteins Schrecken

Nach der erfolgreichen „Frankenstein“-Reihe mit Peter Cushing in der Rolle des überambitionierten Wissenschaftlers Baron Victor Frankenstein, die sich immerhin über die fünf Filme „Frankensteins Fluch“ (1957), „Frankensteins Rache“ (1958), „Frankensteins Ungeheuer“ (1964), „Frankenstein schuf ein Weib“ (1967) und „Frankenstein muss sterben!“ (1969) erstreckte, versuchten die Hammer Studios, dem Thema 1970 mit „Frankensteins Schrecken“ eine modernere Lesart abzugewinnen und ein jüngeres Publikum anzusprechen.
Auch wenn mit Ralph Bates („Blut für Dracula“, „Dr. Jekyll & Sister Hyde“) ein beliebter Hammer-Mime in der nun jüngeren Version des Barons besetzt wurde, konnte der Film von Jimmy Sangster nicht an die Erfolge der beliebten Reihe anschließen, so dass Cushing 1974 in „Frankensteins Höllenmonster“ seinen bewährten Part zurückerhielt.
Nachdem es dem wissbegierigen Medizin-Studenten Baron Frankenstein (Ralph Bates) an der Universität zu langweilig geworden ist, verfolgt er seine wissenschaftlichen Ambitionen in Eigeninitiative fort. Seinen Vater hat er nach persönlichen Differenzen bereits ermordet, so dass er nicht nur das Schloss und ein beträchtliches Vermögen geerbt hat, sondern auch die attraktive Haushälterin Alys (Kate O'Mara), die bereits seinem Vater auch im Bett zu Diensten gewesen war. Mit dem geerbten Vermögen schafft sich Victor ein umfangreiches Labor an, in dem auch sein Kommilitone Wilhelm (Graham James) als Gehilfe wirkt, aber zunehmend Zweifel an Victors Arbeit aufbringt, denn der junge Baron begnügt sich längst nicht damit, tote Tiere wiederzubeleben, sondern auch aus Leichenteilen eine Kreatur zusammenzuflicken, der nur noch das passende Gehirn fehlt. Das glaubt Victor in Dr. Heiss (Bernard Archard), dem Vater seiner Jungendfreundin Elizabeth (Veronica Carlson), gefunden zu haben, nachdem er bereits dessen Schildkröte zu Forschungszwecken entwendet hatte. Die nach dem Tod ihres Vaters nun mittel- und heimatlose Elizabeth kommt zwar in Victors Schloss unter und hofft endlich, seine Frau zu werden, doch Victor hat ganz andere Pläne im Sinn …
Mit der Ausrichtung auf ein jüngeres Publikum hatte der bei Hammer bewährte Drehbuchautor Jimmy Sangster („Dracula“, „Frankensteins Fluch“, „Die Rache der Pharaonen“) vor allem die Herausforderung zu meistern, die bislang vom charismatischen Mimen Peter Cushing gespielte Rolle des adligen Wissenschaftlers adäquat – und jünger – zu besetzen, sondern den altbackenen Stoff auch interessanter zu präsentieren. Dafür setzte sich Sangster auch erstmals auf den Regiestuhl und umgab den begehrten Baron mit einer kleinen Schar äußerst attraktiver Frauen, unter denen neben Kate O’Mara („Gruft der Vampire“) als Betthäschen sowohl des alten wie auch des jungen Barons vor allem die mit offenherzigem Dekolleté spielende Veronica Carlson („Draculas Rückkehr“, „Frankenstein muss sterben!“) eine echte Augenweide darstellt und leider auch bemitleidenswertes Opfer der Kaltherzigkeit ihres Schwarms wird.
Sangster inszenierte die Arbeit im Labor mit großer Freude am Detail und legte viel Wert darauf, den jungen Baron als absolut skrupellosen Menschen darzustellen, der für die Erreichung seiner wissenschaftlichen Ziele über die sprichwörtlichen Leichen geht und selbst Menschen, denen er eigentlich etwas näherstehen sollte, wie Werkzeuge benutzt, die – nachdem sie ihren Zweck erfüllt haben – einfach entsorgt werden.
Natürlich stellt ein derart gewissen- und herzloser Mensch keine Gedanken darüber an, was das Ergebnis seiner Forschung für Auswirkungen auf die Umwelt haben könnte, und so zeigt Frankenstein auch nicht das geringste Interesse an seiner aberwitzigen Schöpfung. Die moralischen Fragen, die „Frankenstein“-Schöpferin Mary Shelley in ihrem Werk thematisiert hatte, finden in Sangsters Film überhaupt keine Berücksichtigung. Das Monster (‚Darth Vader‘-Darsteller Dave Prowse) spricht nicht, befolgt zunächst nur die Befehle seines Schöpfers und mordet dann einfach auf eigene Faust weiter. Während das immer wieder humorvoll ausstaffierte Wirken des Barons einer kompromisslosen Logik folgt, enttäuscht die Etablierung des Monsters leider auf ganzer Linie. Freunde der Hammer Studios finden diesen außergewöhnlichen „Frankenstein“-Film nun auch auf Blu-ray in der „Hammer Film Edition“ von StudioCanal.
"Frankensteins Schrecken" in der IMDb

Kommentare

Beliebte Posts