Mut zur Wahrheit

Edward Zwick hat bereits mit seinen ersten beiden größeren Hollywood-Produktionen „Glory“ (1989) und „Legenden der Leidenschaft“ (1994) eindrucksvoll unter Beweis gestellt, dass er nicht nur vom Krieg fasziniert ist, sondern dass er dieses Terrain auch dafür nutzt, vermeintlich typisch amerikanische Tugenden und Werte zu propagieren. Dabei hat sich Zwick vom Sezessionskrieg über den Ersten Weltkrieg bis zum 1. Irakkrieg vorgearbeitet, der in seinem 1996 inszenierten Film „Mut zur Wahrheit“ die Kulisse für ein am Ende recht harmloses Drama über Mut und Ehre abgeliefert hat und die auf romantische Komödien abonnierte Meg Ryan („Schlaflos in Seattle“, „Harry & Sally“, „French Kiss“) in der ungewohnten Rolle einer Helikopterpilotin präsentiert. 

Inhalt: 

Lt. Colonel Nathan „Nat“ Serling (Denzel Washington) leidet seit seinem Einsatz im Golfkrieg unter einem Trauma. Als Kommandeur eines Panzerbataillons war er dafür verantwortlich, dass der von ihm befehligte Panzer in einer unklaren Gefechtslage den Panzer seines Kameraden und Freundes Boylar unter Beschuss nahm. Das Militär verschleppt die Untersuchung zu dem Vorfall, lässt nach außen nur die Information verlautbaren, dass Boylar einen „glorreichen Heldentod“ gestorben sei. Serling, der mit einem Bürojob im Pentagon betraut wird, kommt mit der Art, wie sein Versagen unter den Teppich gekehrt wird, nicht zurecht, fängt zu trinken an und vernachlässigt seine Familie. Dann beauftragt ihn sein Freund und Vorgesetzter General Hershberg (Michael Moriarty) mit einem Bericht zum Rettungseinsatz von Captain Karen Walden, die als erste Frau – wenn auch nur posthum - mit der Medal of Honor ausgezeichnet werden soll. Walden war während des Zweiten Golfkriegs Kommandantin eines MedEvac-Hubschraubers und bei einem Rettungseinsatz für die Besatzung eines abgeschossenen Black-Hawk-Transporthubschraubers getötet worden, nachdem ihr eigener Helikopter samt Besatzung abgeschossen worden war. Als Serling im Rahmen seiner Recherchen die Überlebenden der Huey-Besatzung befragt, fallen ihm Ungereimtheiten in deren Schilderungen auf. 
Während der Sanitäter Ilarion (Matt Damon) beispielsweise behauptet, Warden sei eine Heldin gewesen, die das Wohl ihrer Besatzung über alles gestellt habe, lässt Staff Sergeant John Monfriez (Lou Diamond Phillips) kein gutes Wort an ihr und bezeichnet sie als Feigling. Während Hershberg darauf drängt, dass Serling endlich seinen Bericht fertigstellt, damit Warden der Orden verliehen werden kann, sucht Serling weiterhin nach der Wahrheit… 

Kritik: 

Wie schon mit „Glory“ und „Legenden der Leidenschaft“ präsentiert Edward Zwick mit „Mut zur Wahrheit“ ein recht selbstgefälliges Stück patriotisch eingefärbter Kriegsdramatik, die kaum dazu geeignet ist, ein auch nur annähernd neutrales Bild der Ereignisse im Irakkrieg zu zeichnen. Stattdessen lassen sich Zwick und sein Drehbuchautor Patrick Sheane Duncan („Gegen die Zeit“, „Mr. Holland’s Opus“) ausführlich über die Fehlbarkeit von Soldaten in unübersichtlichen und kritischen Ausnahmesituationen aus, wobei Denzel Washington in seiner Rolle als traumatisierter Golfkriegs-Veteran die Vorzeigerolle des aufrechten Soldaten verkörpert, der die Dinge ins rechte Licht zu rücken versucht. Routiniert setzt Zwick die Puzzleteile der Geschehnisse rund um Captain Wardens Wirken nach dem Absturz ihres Helikopters in Rückblenden zusammen, die jeweils aber nur die Sicht der einzelnen, nicht unbedingt zuverlässigen Zeugen darstellen, so dass erst zum Finale hin eine Annäherung an die tatsächlichen Vorkommnisse vollzogen wird. 
Bis dahin thematisiert „Mut zur Wahrheit“ nicht nur, wie sich Serling zunehmend seiner Familie entfremdet, sondern wie sich Warden auch mit Unterstützung ihrer Eltern als alleinerziehende Mutter zu profilieren versuchte. Denzel Washington überzeugt noch mehr als schon in „Glory“ als verantwortungsbewusster Soldat, der mehr als nur sein eigenes Wohl im Sinn hat, aber auch Meg Ryan spielt erfolgreich gegen ihr Image als romantisches Liebesobjekt an, während der junge Matt Damon und vor allem Lou Diamond Phillips als Wardens Team-Mitglieder mit unterschiedlichen Auffassungen dem Drama etwas psychologische Tiefe verleihen. Davon abgesehen bleibt „Mut zur Wahrheit“ aber erschreckend oberflächlich und wird den moralischen Konflikten in Kriegssituationen nie gerecht.  

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