Ausnahmezustand

Von „Glory“ (1989) über „Legenden der Leidenschaft“ (1994) bis zu „Mut zur Wahrheit“ (1996) hat sich Edward Zwick chronologisch vom Amerikanischen Bürgerkrieg über den Ersten Weltkrieg bis zum Irakkrieg vorgearbeitet. Mit seinem nächsten Werk, „Ausnahmezustand“ (1998), bewegte er sich sogar bis in die Zukunft hinein, nahm er doch drei Jahre vorher die Ereignisse vorweg, die mit den Attentaten vom 11. September 2001 für immer die Welt verändern sollten. Wie schon in „Glory“ und „Mut zur Wahrheit“ darf auch diesmal Denzel Washington dafür sorgen, dass die Wahrheit und das Recht nicht auf der Strecke bleiben. 

Inhalt: 

Special Agent Anthony Hubbard (Denzel Washington) von der Anti-Terror-Sondereinheit des FBI und sein aus dem Libanon stammender Kollege Frank Haddad (Tony Shalhoub) werden in New York City zu einem Bombenalarm in einem Bus gerufen, doch entpuppt sich der Sprengsatz glücklicherweise nur als blaue Farbbombe. Bei der Untersuchung des Busses auf Spuren lernt Hubbard die undurchsichtige Elise Kraft (Annette Bening) kennen, die sich als Mitarbeiterin vom Nationalen Sicherheitsrat vorstellt, aber über keine Befugnisse verfügt, sich in die Ermittlungen einzumischen, weshalb Hubbard sie auffordert zu gehen. Währenddessen hat das FBI einen Mann namens Khalil (Aasif Mandvi) festgenommen, der fast 10.000 Dollar an Bargeld in kleinen Scheinen mit sich in einem Koffer trug. Da ihm aber keine Straftat nachgewiesen werden kann, wird Khalil auf freien Fuß gesetzt und beschattet. Als er sich mit einem verdächtig aussehenden Unbekannten trifft, entdeckt er seine Verfolger und flüchtet, wird aber auf offener Straße in einen roten Van gezerrt und entführt. 
Wie Hubbard und seine Leute herausfinden, hat Elise Kraft die Entführung des Mannes in die Wege geleitet und sein Verhör übernommen. Hubbard nimmt Kraft vorläufig fest, doch dann wird ein weiterer Bus entführt. Hubbard übernimmt die Verhandlungen mit den drei arabisch sprechenden Tätern und erreicht, dass sechs Kinder freigelassen werden. Doch wenig später sprengen sich die Entführer mit den übrigen 25 Insassen in die Luft, als auf ihre Forderung, einen von US-General Devereaux (Bruce Willis) geheim inhaftierten Scheich freizulassen, nicht eingegangen wird. Als einer der Attentäter wird Ali Waziri aus Ramallah identifiziert, der vor drei Tagen über Frankfurt eingereist ist. Nach weiteren Anschlägen mit Hunderten von Toten ruft der Präsident den Notstand aus. Der rigorose General Devereaux übernimmt mit seinen Truppen das Kommando und greift unter Kriegsrecht zu radikalen Maßnahmen, die auch brutale Folter beinhalten. Um die noch existierende Terrorzelle zu finden, lässt er Brooklyn hermetisch abriegeln und Tausende von verdächtigen Arabern in einem Stadion internieren… 

Kritik: 

„Ausnahmezustand“ ist eines der eindrucksvollsten Beispiele dafür, wie das Leben die Kunst imitiert. Dabei spielte der geschätzt 70 Millionen Dollar teure Film in den USA und Kanada gerade mal 40 Millionen Dollar wieder ein, weil das nordamerikanische Publikum die Ungeheuerlichkeit der geschilderten Ereignisse für absolut unrealistisch hielt. Dabei präsentiert das Szenario im Film nur einen Bruchteil des Schreckens, den die Islamisten bei den Anschlägen von 09/11 verbreiten sollten. 
Edward Zwick erweist sich einmal mehr als souveräner Spannungshandwerker, der es auf der einen Seite versteht, die bedrückende Atmosphäre und die Panik der New Yorker Bevölkerung einzufangen, auf der anderen Seite aber den schwierigen Spagat meistert, die politisch brisante Thematik nicht zu einseitig darzustellen. Der übersteigerte Patriotismus seiner vorangegangenen drei Kriegsdramen brachte Zwick immer wieder Kritik ein. Zwar hat das American-Arab Anti-Discrimination Committee „Ausnahmezustand“ ebenfalls heftig kritisiert und ihn sogar als „gefährlich“ bezeichnet, doch Zwick enthält sich hier zum Glück simpler Schwarzweiß-Malerei und lässt auch den mächtigen US-General Devereaux mächtig über die Stränge schlagen. 
Während Bruce Willis in seiner überzeichneten Rolle fast schon als Karikatur durchgeht, darf Denzel Washington wieder als aufrecht kämpfende Identifikationsfigur überzeugen, die die uramerikanischen Werte verteidigt und sich gegen jede unrechtmäßig verübte Gewalt stark macht. Neben Denzel Washington überzeugt auch Tony Shalhoub („Monk“, „Galaxy Quest“) als Hubbards arabisch-stämmiger Partner und Annette Bening („American Beauty“, „Being Julia“) als undurchsichtige Geheimdienstlerin. Die stimmungsvollen Bilder von Roger Deakins („Blade Runner 2049“, „James Bond 007 – Skyfall“) und der ethnisch angehauchte Score von Graeme Revell („The Crow“, „Die Hand an der Wiege“) runden den thematisch brisanten wie spannend inszenierten Thriller hervorragend ab. 

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