Fight Club

Der für seine Filme „Der seltsame Fall des Benjamin Button“, „The Social Network“ und „Mank“ jeweils für einen Regie-Oscar nominierte Filmemacher David Fincher hat bereits mit seinen ersten drei Kinofilmen „Alien 3“, „Sieben“ und „The Game“ seine außergewöhnliche Fähigkeit unter Beweis gestellt, auf (audio)visuell beeindruckende Weise fesselnde Geschichten zu inszenieren. Mit seinem vierten Film „Fight Club“ ging Fincher 1999 noch einen Schritt weiter, präsentierte die Hollywood-Stars Brad Pitt und Edward Norton in einem halluzinativen Gewalt-Porno voller Sarkasmus. 

Inhalt: 

Jack (Edward Norton) arbeitet als Rückrufkoordinator für einen großen Autohersteller in einer US-amerikanischen Großstadt und reist im Auftrag seines Chefs Richard Chesler (Zach Grenier) quer durch die Staaten, um anhand der begutachteten Unfälle zu berechnen, ob eine Rückrufaktion für den Autohersteller wirtschaftlich sinnvoll ist oder ob die diagnostizierten Defekte an den Wagen zu selten auftreten, um sie durch so eine Aktion publik zu machen. Ähnlich bedeutungslos sieht das Privatleben des alleinlebenden Mannes aus, der seine Freizeit nicht mit Porno-Magazinen, sondern Einrichtungskatalogen verbringt. Da er unter chronischer Schlaflosigkeit leidet und sein Arzt sich weigert, ihm etwas dagegen zu verschreiben, nimmt Jack dessen Rat an und besucht eine Selbsthilfegruppe für Männer, die an Hodenkrebs erkrankt sind. Hier weint er sich nicht nur an der sehr weiblich ausgeprägten Brust des ehemaligen Bodybuilders Bob (Meat Loaf) aus, sondern schläft erstmals wieder durch. Dieses Erfolgserlebnis treibt Jack zu allen möglichen Selbsthilfegruppen für chronisch Kranke, bis er Marla Singer (Helena Bonham Carter) kennenlernt, die ähnlich wie er als Simulantin zu den verschiedenen Gruppentreffen pilgert, wodurch er sich selbst ebenso unbehaglich wie ertappt fühlt, so dass er wieder nicht schlafen kann. Jacks oberflächliches Leben erfährt allerdings eine radikale Wende, als er auf einem seiner Flüge den selbstbewussten Seifenhändler Tyler Durden (Brad Pitt) kennenlernt. 
Als Jacks Eigentumswohnung durch eine Explosion zerstört wird, ruft er in seiner Verzweiflung Tyler an, trifft ihn in einer Kneipe auf ein paar Bier und fragt ihn nach Tylers Zureden schließlich, ob er bei ihm übernachten kann. Bevor sie sich auf den Weg machen, fordert Tyler Jack jedoch auf, ihn so wie möglich zu schlagen, woraus sich eine freundschaftliche Prügelei entwickelt, nach der sie sich trotz etlicher Blessuren richtig lebendig fühlen. Jack zieht in Tylers verlassene und völlig heruntergekommene Villa ein und lernen weitere Männer kennen, die auf den Nervenkitzel regelmäßiger Schlägereien stehen und dem von Jack und Tyler gegründeten Fight Club beitreten. 
Zu den Regeln des Clubs zählen: 1. Du sollst nicht über den Fight Club reden. 2. Du sollst nicht über den Fight Club reden und 3. Der Kampf ist vorbei, wenn jemand schwächelt oder aufgibt. Trotz der Regeln findet der Club, der seine Kämpfe im Keller einer Bar ausrichtet, immer mehr Mitglieder. Durch einen Trick gelingt es Jack, seine bevorstehende Kündigung in den Status einer „freiberuflichen“ Beratertätigkeit umzuwandeln, die ihm sein Gehalt sichert, ohne dafür arbeiten zu müssen. Jack ist von Tylers Affäre mit Marla ebenso überrascht wie von dem Projekt Chaos, das Tyler ohne sein Wissen initiiert hat und darauf ausgerichtet ist, die Ordnung in der Stadt durch gezielte Anschläge zu zerstören… 

Kritik: 

Nach dem Erstlingsroman von Chuck Palahniuk („Choke“, „Snuff“, „Das Kainsmal“) hat David Fincher einen herrlich manipulatives Thriller-Drama inszeniert, in dem Edward Nortons als an sich namenloser Protagonist den per se unzuverlässigen Ich-Erzähler mimt, was dem nachfolgenden Geschehen bereits eine sehr persönliche Note verleiht. Wenn er zunächst unzusammenhängend seine unbefriedigende Arbeit, das Bestellen von Einrichtungsgegenständen und Konsumgütern, seine unzähligen Flugreisen und seine nicht enden wollende Schlaflosigkeit beschreibt, bekommt man bereits ein umfassendes Bild eines Großstädters, der sein belangloses Leben in einer Art Hamsterrad verbringt. Die Bekanntschaft mit Tyler Durden reißt Jack nicht nur aus der Lethargie, sondern erfüllt ihn mit neuer Lebenskraft. Indem er sich mit Gleichgesinnten prügelt, die ebenfalls aus der von Schufterei und Konsum geprägten Eintönigkeit ihres Lebens ausbrechen wollen, fühlt sich Jack auf einmal geborgen. 
Finchers „Fight Club“ ist alles andere als eine Verherrlichung von Gewalt. Vielmehr stellt der Film einen vor Sarkasmus triefenden Kommentar auf die oberflächlichen Lebensweisen der großstädtischen Bevölkerung dar. Hier scheinen die Menschen über das Streben nach mehr Besitz zu vergessen, was ihre Persönlichkeit wirklich ausmacht. Genüsslich demonstriert Fincher, wie leicht es ist, mit ihrem Leben unzufriedene Menschen mit einer Idee zusammenzuführen, die ebenso rassistischer wie faschistischer und gewaltbereiter Natur sein können. 
Vor allem Edward Norton („American X“, „Roter Drache“) brilliert als Büroangestellter, der nur scheinbar ein normales Leben führt und durch eine interessante Bekanntschaft sein ganzes Dasein auf den Kopf stellt. Zusammen mit dem aufregenden Finale, den ebenfalls bemerkenswerten Leistungen von Brad Pitt („Sieben“, „Rendezvous mit Joe Black“) und Helena Bonham Carter („Die Flügel der Taube“, „Sweeney Todd“), der elektrisierenden Kameraarbeit von Jeff Cronenweth („The Social Network“, „Hitchcock“) und dem elektronisch pulsierenden Score von den Dust Brothers bietet „Fight Club“ verwirrend faszinierendes, anarchistisches Erzählkino mit einer Geschichte, deren Themen so aktuell sind wie vor zwanzig Jahren. 

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