Legenden der Leidenschaft
Anfang der 1990er Jahre kam Brad Pitts Schauspielkarriere so richtig in Schwung. Nach Nebenrollen in Ridley Scotts Klassiker „Thelma & Louise“ und Tony Scotts blutiger Romanze „True Romance“ verkörperte Pitt so unterschiedliche Hauptrollen wie in dem ruhigen Drama „Aus der Mitte entspringt ein Fluss“, dem „Bonnie & Clyde“-Verschnitt „Kalifornia“ und als Vampir in „Interview with the Vampire“. Wegweisend für seine weitere Karriere war aber sicher seine Rolle als rebellischer Naturbursche Tristan in dem Kriegsfilm- und Liebesfilmdrama „Legenden der Leidenschaft“ (1994) von „Glory“-Regisseur Edward Zwick.
Nach dem für ihn unverständlichen Massaker an der indianischen Urbevölkerung zieht sich Colonel William Ludlow (Anthony Hopkins) desillusioniert von der amerikanischen Regierung auf eine einsame Ranch in Montana zurück, wo er mit seinen drei Söhnen Tristan (Brad Pitt), Alfred (Aidan Quinn) und Samuel (Henry Thomas), dem Indianer Ein-Stich (Gordon Tootoosis) sowie einigen Bediensteten lebt. Ludlows Frau Isabel (Christina Pickles) hat die Farm vor Jahren schon verlassen und sich ein eigenes Leben in der Stadt eingerichtet. Während der wilde Tristan sich der naturnahen Art von Ein-Stich sehr verbunden fühlt, will es der korrekte Alfred eigentlich nur allen recht machen.
Als der biedere Samuel, der in Harvard studiert, seine Verlobte Susannah (Julia Ormond) nach Hause bringt, verliebt sich ausgerechnet Alfred sofort in sie, aber auch Tristan ist von der ebenso schönen wie leidenschaftlichen und lebensfrohen Frau fasziniert. Samuel meldet sich freiwillig für einen Einsatz in der kanadischen Armee, um im Ersten Weltkrieg für die Briten gegen das Deutsche Reich zu kämpfen, seine Brüder begleiten ihn. Alfred wird dabei mit einem verletzten Bein ins Lazarett eingeliefert, während sich Samuel 1915 freiwillig für einen Aufklärungstrupp meldet. Tristan kommt zu spät, um seinen jüngeren Bruder aus dem Stacheldraht zu befreien, in dem er sich nach einem Giftgasangriff der Deutschen verheddert hat. Nachdem die Deutschen Samuels hilflosen Körper mit Maschinengewehren durchsiebt haben, rächt sich Tristan an mehreren deutschen Soldaten, indem er sie absticht und skalpiert.
Wegen seiner Verletzung kehrt Alfred früher auf die Farm zurück, wo er Susannah seine Liebe gesteht, doch beginnt sie stattdessen eine Affäre mit Tristan, der nach dem Krieg jedoch nicht mehr derselbe ist. Er geht als Jäger auf Weltreise und schreibt der verzweifelten Susannah irgendwann, dass sie sich einen anderen Mann suchen möge.
Währenddessen ist der von Susannah zurückgewiesene und enttäuschte Alfred in die Stadt gezogen, wo er zunächst als Geschäftsmann Karriere macht und für den Kongress kandidiert. Susannah heiratet Alfred zwar, doch die Ehe bleibt kinderlos, Susannah hat nie aufgehört, Tristan zu lieben. Als dieser geläutert nach Hause zurückkehrt, betätigt er sich während der Prohibition als Alkoholschmuggler und zieht damit den Zorn der O’Banion-Brüder auf sich.
Nach seiner Heirat mit Isabel Zwei (Karina Lombard), der mittlerweile erwachsenen Tochter eines weißen Arbeiters und einer Indianerin auf der Ranch, kommt es zur Katastrophe…
Kritik:
Edward Zwick hat nach einem Roman von Jim Harrison („Wolf – Das Tier im Manne“, „Eine gefährliche Affäre“) ein opulentes Kriegs- und Liebesdrama inszeniert, das von majestätischen Landschaftsaufnahmen, James Horners epischen Score und ganz großen Gefühlen geprägt wird.
Die Idylle im ländlichen Montana, wo der regierungskritische Colonel mit seinen Bediensteten und den drei so unterschiedlichen Söhnen friedlich zusammenlebt, wird erst durch die Ankunft der schönen Susannah zerstört, die zwar mit dem in Liebesdingen unbedarften Samuel verlobt ist, insgeheim aber vor allem von Alfred geliebt wird, während sie selbst von Tristans raubeinigen Charme fasziniert ist.
Aus dieser Konstellation entwickelt Zwick ein packendes, ein halbes Jahrhundert umfassendes Drama, das geschickt auf der Klaviatur der Emotionen spielt und sich dabei bewusst manipulativ aller verfügbaren filmischen Mittel bedient. Dazu zählt neben den prachtvoll in Szene gesetzten Landschaftsbildern vor allem James Horners ergreifender, wenn auch übertrieben allgegenwärtiger und überbetont dramatischer Score, dessen emotionaler Wirkung man sich kaum entziehen kann.
Trotz der epischen Länge von „Legenden der Leidenschaft“ wirken die einzelnen Episoden in dem Leben der charakterlich so verschiedenen Protagonisten bruchstückhaft zusammengesetzt, wobei die Figuren jeweils kaum echte Tiefe erreichen. Vielmehr erscheinen Tristan, Samuel und Alfred wie Klischees unterschiedlicher Männertypen, die durch eine schöne Frau den Familienzusammenhalt zu verlieren drohen. Psychologische Feinheiten sind da nicht gefragt, dafür großes Drama mit viel Liebe, Natur, Leidenschaft, Blut, Hass und Rache. Vor allem Brad Pitt geht aus diesem Drama als großer Sieger hervor.
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