Gnade

Als der Ingenieur Niels (Jürgen Vogel) das Angebot annimmt, einen Job im hochnorwegischen Hammerfest anzunehmen, handelt es sich diesmal nicht um einen Auslandsjob von einigen Tagen oder Wochen. Stattdessen nimmt er seinen pubertierenden Sohn Markus (Henry Stange) und seine Frau Maria (Birgit Minichmayr) mit in das arktische Niemandsland, wo sich im Winter zwei Monate lang die Sonne nicht sehen lässt. Marias Hoffnung auf eine Besserung in der zuvor schon erkalteten Beziehung zu Niels erfüllt sich jedoch nicht.
Während er sich in eine Affäre mit einer attraktiven Kollegin stürzt und Markus alle Mühe hat, in der Schule Anschluss zu finden, übernimmt Maria schließlich Doppelschichten in einem Hospiz, das von ihrer hochschwangeren Freundin geführt wird. Als Maria eines Nachts mit dem Auto etwas anfährt und Fahrerflucht begeht, kommt allerdings ungeahnte Dynamik in die Beziehung, nachdem sie erfahren muss, dass sich bei dem Opfer um die 16-jährige Tochter einer Chor-Mitstreiterin handelt, die sich nach dem Unfall noch von der Straße wegschleppen konnte, wo sie schließlich erfroren ist. Maria und Markus entschließen sich, niemandem von ihrer Schuld zu erzählen, und kommen sich durch die Verarbeitung der tragischen Ereignisse wieder näher.
Der deutsche Regisseur Matthias Glasner, der mit Jürgen Vogel bereits bei „Der freie Wille“ zusammengearbeitet hat, präsentiert mit „Gnade“ ein erschütterndes, aufwühlendes Drama um Schuld und (mögliche?) Vergebung, um Nähe und Entfremdung in einer denkbar unwirtlichen Umgebung. Obwohl die durch den Unfall mit Todesfolge eigentlich noch komplizierter gewordene Beziehung zwischen Niels und Maria im Mittelpunkt des Films steht und mit viel Tiefgang aufbereitet wird, nimmt sich Glasner auch Zeit für die Nebenfiguren, für den schüchternen Markus, der seine Freizeit mit dem Filmen seines Alltags verbringt und sich, um Anschluss zu finden, zu einer unschönen Aktion mitreißen lässt, ebenso wie für Marias Arbeitsalltag in dem Hospiz mit teilweise sehr jungen Menschen, die im Sterben liegen, oder Niels‘ Affäre.
All diese Haupt- und Nebenstränge werden zu einem stimmigen Drama zusammengefügt, das leidenschaftliche Emotionen in einer Natur hervorbringt, die unerbittlich zu jenen ist, die die geringste Schwäche offenbaren. Glasner verurteilt das Verhalten seiner Protagonisten nicht mit erhobenem Zeigefinger, sondern überlässt es dem Zuschauer, ob er den Tätern vergeben will. Wie Niels und Maria in „Gnade“ schließlich ihren Frieden finden, mag nicht unbedingt nachzuvollziehen sein, aber davon abgesehen bietet der Film einen nachdenklichen Plot mit überzeugenden Darstellern vor atemberaubender Kulisse.
"Gnade" in der IMDb

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