Inside Llewyn Davis

Bereits mit ihrer äußerst musikalischen Mississippi-Odyssee „O Brother, Where Art Thou?“ haben die Brüder Joel und Ethan Coen ihr Faible für die US-amerikanische Folk-Szene zum Ausdruck gebracht. Mit ihrem neuen Werk „Inside Llewyn Davis“ schildern die begnadeten Filmemacher („No Country For Old Men“, „Fargo“) auf gewohnt einzigartige Weise die mühsamen Versuche eines Folk-Musikers, zu Beginn der 1960er Jahre in New York seine Karriere zum Laufen zu bringen.
Der Durchbruch von Bob Dylan liegt noch einige Jahre in der Ferne, als Folk-Sänger Llewyn Davis (Oscar Isaac) darum kämpft, nach dem Selbstmord seines musikalischen Partners eine Solo-Karriere zu starten. Für sein Solo-Debüt „Inside Llewyn Davis“ hat der ambitionierte Musiker weder einen Vorschuss erhalten, noch wirft es irgendwelche Tantiemen für ihn ab. Immerhin will sein Manager ihm seinen Wintermantel anbieten, damit sich sein Schützling im kalten New York nicht den Tod holt. Da sich Llewyn eine eigene Wohnung nicht leisten kann, muss er sich jeden Tag aufs Neue um einen Schlafplatz bemühen, wandert von der Couch eines Freundes zur nächsten. Dass sich dabei seine Wege immer wieder mit seiner ehemaligen Freundin Jean Berkey (Carrey Mulligan) kreuzen, macht es für ihn nicht leichter, da er immer wieder mit dem Vorwurf konfrontiert wird, nach einem außerplanmäßigen One-Night-Stand der Vater ihres noch ungeborenen Kindes sein zu können, allerdings kommt für diese Rolle natürlich auch ihr Ehemann Jim (Justin Timberlake) in Betracht. Große Hoffnungen setzt Llewyn auf den renommierten Manager Bud Grossman (F. Murray Abraham). Um ihn in Chicago aufzusuchen, schließt er sich einer Fahrgemeinschaft an, der auch zwei Jazz-Musiker (John Goodman und Garrett Hedlund) angehören, die für die Folk-Szene nicht viel übrig haben …
Obwohl Joel und Ethan Coen mit „Inside Llewyn Davis“ eine ganz neue Facette zu ihrem ohnehin schon kunterbunten Filmkosmos hinzufügen, bleiben sie sich bei der Umsetzung ihrer berührenden Geschichte treu und begleiten ihren sympathischen Außenseiter auf eine Odyssee, die von wirtschaftlicher Not, ständigen Auseinandersetzungen mit seinen Mitmenschen und wenig Hoffnung auf eine Verbesserung der persönlichen Gesamtsituation geprägt ist. Dabei gelingt es den Coen-Brüdern sehr schnell, ihren Protagonisten mit unwiderstehlichen Sympathiewerten auszustatten, dass man als Zuschauer wirklich hofft und betet, dass Llewyn den Durchbruch schafft.
Doch wer Coen-Filme kennt, weiß, dass diese Hoffnung keine Erfüllung finden wird. „Inside Llewyn Davis“ lebt vor allem durch die überzeugende One-Man-Show von Oscar Isaac („Drive“, „Die zwei Gesichter des Januars“), der die von T Bone Burnett produzierten Folk-Songs auch selbst singt. Wie sich Llewyn immer wieder gegen die aufgebrachte Jean behaupten muss oder die Misere seiner Karriere zu verdauen versucht, ist vielschichtig gespielt und von feinem Humor durchzogen, wie er für die Coens charakteristisch ist. Hier können auch illustre Nebendarsteller wie John Goodman, Justin Timberlake und F. Murray Abraham mit ihren wenigen Szenen tolle Akzente setzen, die durch die stimmungsvolle Kameraarbeit von Bruno Delbonnel („Die fabelhafte Welt der Amelie“, „Dark Shadows“) wunderbar eingefangen werden.
So ist den Coen-Brüdern mit „Inside Llewyn Davis“ ein lakonisch humorvolles Musiker-Portrait eines sympathischen Außenseiters gelungen, das einmal mehr den Ausnahme-Status manifestiert, den die beiden leidenschaftlichen Filmemacher auch außerhalb von Hollywood innehaben. Die jetzt von Studio Canal veröffentlichte DVD/Blu-ray beinhaltet in der Special Edition auch die Konzertdokumentation „Another Day, Another Time“, das im September 2013 in der New York City Townhall stattfand und von Künstlern wie Avett Brothers, Joan Baez, Marcus Mumford, Patti Smith und Jack White sowie den „Inside Llewyn Davis“-Stars Oscar Isaac und Carey Mulligan bestritten wurde.
"Inside Llewyn Davis" in der IMDb

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