Jung & schön

Ein kurzer Streifzug durch das Schaffen des französischen Filmemachers François Ozon offenbart eine besondere Vorliebe für den Umgang mit weiblichen Figuren, siehe die All-Star-Ensemble-Farce „8 Frauen“ oder das erotische Thriller-Drama „Swimming Pool“. Mit seinem neuen Erotik-Drama „Jung & schön“ knüpft Ozon fast nahtlos an dieses Meisterwerk an, das die Jungschauspielerin Ludivine Sagnier international bekannt machte, und setzt auf den unwiderstehlichen „Lolita“-Charme seiner jungen Hauptdarstellerin Marine Vacth.
Als die hübsche Isabelle (Marine Vacth) im Sommerurlaub den deutschen Jungen Felix (Lucas Prisor) kennenlernt, lässt sie sich kurz vor ihrem 17. Geburtstag nach einem gemeinsamen Abend auf der Strandpromenade am Strand entjungfern. Zwar bringt dieses Ereignis keine nennenswerten Gefühle bei ihr hervor, doch wird sie sich sehr wohl des Kapitals bewusst, der in ihrem jugendlich schönen Körper liegt. Über ein Internet-Portal macht sie die Bekanntschaft von meist älteren Männern, die sich ein Treffen mit Isabelle 300 Euro kosten lassen. Unbemerkt von ihren Freundinnen und der Familie sammelt das Mädchen Geld und sexuelle Erfahrungen, bis es zu einem tödlichen Zwischenfall kommt und Isabelles Doppelleben auffliegt. Während sich vor allem ihre ahnungslose Mutter (Géraldine Pailhas) Vorwürfe macht, freundet sich Isabelle mit einem Klassenkameraden an und scheint erstmals echte Gefühle für das andere Geschlecht zu entwickeln …
Bereits in der Eröffnungsszene macht Ozon deutlich, was im Fokus seines neuen Films steht, dessen Titel „Jung & schön“ aber auch schon alles sagt. Wenn sich Isabelle am Strand ihres Bikinioberteils entledigt und ihr etwas jüngerer Bruder durch das Fernglas einen Blick auf den makellosen Körper des Mädchens wirft, lädt Ozon gleichermaßen den Zuschauer mit ein, die Stelle des Voyeurs einzunehmen. Wer allerdings erwartet, im weiteren Verlauf der Handlung allzu expliziten Sex geboten zu bekommen, wird wohl enttäuscht. Zwar lässt Ozon keinen Zweifel daran, was die 17-Jährige in ihren Nachmittagsstunden so treibt, doch belässt es der Regisseur in den Sexszenen bei Momentaufnahmen, die alles Weitere der Phantasie des Zuschauers überlassen. Wie bei Isabelles erstem Mal, als das Mädchen emotionslos auf sein Double schaut, das das Treiben im Sand ebenfalls ohne eine Miene zu verziehen verfolgt, greift Ozon immer wieder auf verschiedene Kniffe zurück, um Isabelles sexuelle Aktivitäten zu konterkarieren, meist durch Szenen in der Dusche, in der Isabelle offensichtlich die unangenehmen Spuren ihres Treibens beseitigt. Dabei wird nie deutlich, warum sich das Mädchen prostituiert. Da sie aus einer wohlhabenden Familie stammt, mangelt es ihr nicht an Geld. Sie hat weder richtigen Spaß an ihrem lukrativen Job noch fehlt es an familiärer Zuneigung. Erst im dritten Akt werden Isabelles Motive etwas herausgearbeitet. Bis dahin und darüber hinaus überzeugt vor allem die facettenreiche Darstellung von Marine Vacth als strebsame Schülerin, fürsorgliche Schwester und immer routinierter werdende Edelhure. Zusammen mit der stimmungsvollen Kameraarbeit von Pascal Marti, dem dramaturgisch geschickt eingesetzten Soundtrack (u.a. mit Schlagern von Françoise Hardy) und tollen Nebendarstellern stellt „Jung & schön“ ein gut beobachtetes, präzise erzähltes Erotikdrama dar, das ganz auf seine brillante Hauptdarstellerin abgestimmt ist.
"Jung & schön" in der IMDb

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