Captain Fantastic - Einmal Wildnis und zurück

Bislang durfte man den aus Connecticut stammenden Matt Ross vor allem vor der Kamera als Schauspieler in Serien wie „American Horror Story“, „Revolution“ und „Silicon Valley“ sehen. Nach zwei Kurzfilmen und dem Langfilmdebüt „28 Hotel Rooms“ (2012) legt er nun mit „Captain Fantastic – Einmal Wildnis und zurück“ ein kurzweiliges, humorvolles und stellenweise nachdenkliches Road Movie der besonderen Art vor.
Fernab von den oberflächlichen Konsumtempeln der Zivilisation hat sich Ben (Viggo Mortensen) mit seinen sechs Kindern, darunter Bodevan (George MacKay), Vespyr (Annalise Basso) und Zaja (Shree Crooks), in den Tiefen der nordwestlichen Wälder der USA ein eigenes Reich geschaffen, in dem sie sich selbst versorgen, Kampftraining ausüben und steile Berghänge erklettern, wo sie Übergangsriten praktizieren und in den Abendstunden ihren jeweiligen Lehrplan abarbeiten, der Geschichte und Philosophie ebenso abdeckt wie die Weltliteratur und die Naturwissenschaften.
Doch dann bekommt Ben die Nachricht, dass sich seine manisch-depressive Frau Leslie (Trin Miller) umgebracht hat. Ben möchte Leslies letzten Willen erfüllen und die sterblichen Überreste der überzeugten Buddhistin verbrennen. Die Konfrontation mit Leslies Vater Jack (Frank Langella), der seine Tochter traditionell christlich bestatten will, ist vorprogrammiert.
Tatsächlich müssen sich Ben und seine Kinder auf der Fahrt mit einem alten Schulbus in die Großstadt an die Zivilisation mit ihren riesigen Einkaufszentren, dicken Menschen, ungesunden Nahrungsmitteln und kuriosen religiösen Überzeugungen erst einmal gewöhnen …
In einer langen Eröffnungssequenz bringen uns Matt Ross und sein Kameramann Stéphane Fontaine („Der Geschmack von Rost und Knochen“, „72 Stunden – The Next Three Days“) den Zauber der Wälder nahe, in denen Ben mit seiner Kinderschar lebt. Die Idylle wird erst aufgebrochen, als Bens Ältester Bodevan (George MacKay) gut getarnt aus dem Gebüsch springt und einem überraschten Hirschen die Kehle durchschneidet. Mit diesem Ritual ist der Junge sogleich zum Mann geworden. In den folgenden Szenen lernt der Zuschauer Bens Familie schnell näher kennen. Es gibt einen Bewässerungsplan für die Pflanzen, Regale für eingelegtes Obst und Gemüse, einen ausgefeilten Lehrplan, dessen Erfüllung dafür sorgt, dass beispielsweise Bodevan an jeder großen Universität des Landes angenommen wird und die junge Teenagerin Vespyr (Annalise Basso) eine treffende Analyse von Vladimir Nabokovs „Lolita“ abliefern kann, das sie außerhalb ihres Plans liest.
Interessant wird das klassische Aussteiger-Szenario allerdings erst, als die Familie durch den Selbstmord von Bens Frau gezwungen wird, in die verhasste Zivilisation zurückzukehren. Das führt zu kuriosen Situation wie dem „Befreien von Essen“ aus dem Supermarkt oder der Vertreibung eines Streifenpolizisten durch die überzeugende und einstudierte Vorstellung religiöser Eiferer, schießt allerdings auch schon mal über das Ziel hinaus.
Die Kommentare zu den Essgewohnheiten und religiösen Traditionen der Zivilbevölkerung sind dafür ebenso witzig wie treffend, deren Reduzierung auf konsumgeile und medienabhängige Dumpfbacken allerdings ebenso überzogen. Die Konfrontation zwischen Ben und seinem Schwiegervater über die Erziehung und Ausbildung der Kinder gehört dann wieder zu den stärkeren Momenten eines Films, der überwiegend gut die Balance zwischen Drama und Komödie hält, aber gelegentlich etwas zu sehr in die Klischeekiste greift.
 "Captain Fantastic - Einmal Wildnis und zurück" in der IMDb

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