Sibylle
Nach einigen Kurzfilmen und seinem Langfilmdebüt mit „Hinter diesen Bergen“ (2010) legt der Schweizer Drehbuchautor, Produzent und Regisseur Michael Krummenacher mit dem Psychodrama „Sibylle“ nun sein faszinierendes Zweitwerk vor, das über Eksys’tent/Alive nun auch auf DVD veröffentlicht wird.
Eigentlich soll der Familienurlaub in Italien auch für Sibylle (Anne Ratte-Polle) Erholung bringen, doch so wirklich entspannen kann sie sich nicht. Das liegt nicht nur an dem aktuellen Projekt, das die Architektin mit ihrem Mann Jan (Thomas Loibl) auch im Urlaub zu betreuen hat und bei dem sie durchaus unterschiedlicher Meinung zur Umsetzung sind, sondern auch an ihrem allgemeinen Gemütszustand, der sie frühmorgens allein zu ausgedehnten Spaziergängen zu den Klippen am See aufbrechen lässt.
Dort trifft sie eines Morgens auf eine Spaziergängerin, die Sibylle auffallend ähnlich sieht und sich von den Klippen stürzt. Als Sibylle tags darauf ins Krankenhaus geht, erfährt sie, dass die Frau ihren schweren Verletzungen erlegen ist, und bekommt eine Tüte mit ihren Habseligkeiten überreicht. Neugierig geworden sucht Sibylle das Ferienapartment der Verstorbenen aus und stellt fest, dass sie in ähnlichen Verhältnissen gelebt haben muss wie sie selbst, mit Mann und zwei Kindern. Mittlerweile klagt Sibylle zunehmend über Wahrnehmungsstörungen, ihr Arzt verordnet ihr strikte Ruhe. Doch Sibylle scheint sich immer mehr von ihrer Umwelt zu entfremden, findet keinen Zugang mehr zu ihrem pubertierenden Sohn David (Dennis Kamitz), der unbedingt Bodybuilding betreiben will und sich heimlich Gewaltpornos anschaut. Ihr kommt der Verdacht, dass ihre Mitmenschen gegen andere Wesen ausgetauscht worden sind …
Bereits die Eröffnungsszene in Krummenachers neuen Film macht auf die Darstellung von Rollen aufmerksam, die für die Protagonistin Sibylle, aus deren Perspektive der Film erzählt wird, wesensveränderndes Thema ist. So wie die Schauspieler in dem Action-Stück, das Sibylle mit ihrer begeisterten Familie besucht, ihre Rollen als Action-Helden und Bösewichte spielen, bekommt auch die an sich voll im Leben stehende Architektin, Mutter und Ehefrau weithin zur Überzeugung, dass ihre Mitmenschen nicht mehr das sind, was sie einmal waren, dass sie sogar gegen unbekannte Wesen ausgetauscht wurden.
Diese Verwandlung, die Sibylle in ihrem Bewusstsein durchmacht, haben Krummenacher und sein Kameramann Jakob Wiessner („Hinter diesen Bergen“, „Fräulein Else“) zunächst sehr subtil, dann in immer mehr knalligen – vornehmlich roten – Tönen und experimentellen, teils surreal anmutenden Bildern eingefangen, so dass Wahrnehmung und Wirklichkeit immer mehr zu verschwimmen scheinen. Freilich gleiten die Darstellungen stellenweise doch zu sehr ins Horrorgenre ab und machen aus „Sibylle“ alles andere als leicht verdauliche Prime-Time-Kost.
Doch die pointierte Darstellung von Anne Ratte-Polle („Halbschatten“, „Wanja“) und die psychologisierende Thematisierung von Rollenbildern in der bürgerlichen Gesellschaft machen „Sibylle“ bis zum unkonventionellen Finale absolut sehenswert.
"Sibylle" in der IMDb
Eigentlich soll der Familienurlaub in Italien auch für Sibylle (Anne Ratte-Polle) Erholung bringen, doch so wirklich entspannen kann sie sich nicht. Das liegt nicht nur an dem aktuellen Projekt, das die Architektin mit ihrem Mann Jan (Thomas Loibl) auch im Urlaub zu betreuen hat und bei dem sie durchaus unterschiedlicher Meinung zur Umsetzung sind, sondern auch an ihrem allgemeinen Gemütszustand, der sie frühmorgens allein zu ausgedehnten Spaziergängen zu den Klippen am See aufbrechen lässt.
Dort trifft sie eines Morgens auf eine Spaziergängerin, die Sibylle auffallend ähnlich sieht und sich von den Klippen stürzt. Als Sibylle tags darauf ins Krankenhaus geht, erfährt sie, dass die Frau ihren schweren Verletzungen erlegen ist, und bekommt eine Tüte mit ihren Habseligkeiten überreicht. Neugierig geworden sucht Sibylle das Ferienapartment der Verstorbenen aus und stellt fest, dass sie in ähnlichen Verhältnissen gelebt haben muss wie sie selbst, mit Mann und zwei Kindern. Mittlerweile klagt Sibylle zunehmend über Wahrnehmungsstörungen, ihr Arzt verordnet ihr strikte Ruhe. Doch Sibylle scheint sich immer mehr von ihrer Umwelt zu entfremden, findet keinen Zugang mehr zu ihrem pubertierenden Sohn David (Dennis Kamitz), der unbedingt Bodybuilding betreiben will und sich heimlich Gewaltpornos anschaut. Ihr kommt der Verdacht, dass ihre Mitmenschen gegen andere Wesen ausgetauscht worden sind …
Bereits die Eröffnungsszene in Krummenachers neuen Film macht auf die Darstellung von Rollen aufmerksam, die für die Protagonistin Sibylle, aus deren Perspektive der Film erzählt wird, wesensveränderndes Thema ist. So wie die Schauspieler in dem Action-Stück, das Sibylle mit ihrer begeisterten Familie besucht, ihre Rollen als Action-Helden und Bösewichte spielen, bekommt auch die an sich voll im Leben stehende Architektin, Mutter und Ehefrau weithin zur Überzeugung, dass ihre Mitmenschen nicht mehr das sind, was sie einmal waren, dass sie sogar gegen unbekannte Wesen ausgetauscht wurden.
Diese Verwandlung, die Sibylle in ihrem Bewusstsein durchmacht, haben Krummenacher und sein Kameramann Jakob Wiessner („Hinter diesen Bergen“, „Fräulein Else“) zunächst sehr subtil, dann in immer mehr knalligen – vornehmlich roten – Tönen und experimentellen, teils surreal anmutenden Bildern eingefangen, so dass Wahrnehmung und Wirklichkeit immer mehr zu verschwimmen scheinen. Freilich gleiten die Darstellungen stellenweise doch zu sehr ins Horrorgenre ab und machen aus „Sibylle“ alles andere als leicht verdauliche Prime-Time-Kost.
Doch die pointierte Darstellung von Anne Ratte-Polle („Halbschatten“, „Wanja“) und die psychologisierende Thematisierung von Rollenbildern in der bürgerlichen Gesellschaft machen „Sibylle“ bis zum unkonventionellen Finale absolut sehenswert.
"Sibylle" in der IMDb
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