Die Frau im Mond - Erinnerung an die Liebe

Auch wenn sich Marion Cotillard seit ihrem Hollywood-Debüt in Tim Burtons „Big Fish“ (2003) zu einem internationalen Filmstar entwickelt hat, die ihre Karriere bereits 2008 mit einem Oscar für ihre Darstellung von Edith Piaf in „La vie en rose“ krönte, kehrt die französische Schauspielerin auch heute noch immer wieder in ihre Heimat zurück, um Filme wie „Die Frau im Mond“ abzudrehen. Unter der Regie der bekannten Schauspielerin Nicole Garcia („Mein Onkel aus Amerika“, „Plein Sud – Auf dem Weg nach Süden“) trägt Cotillard die Verfilmung des Bestsellers von Milena Agus zwar fast allein auf ihren Schultern, doch vermag sie dem emanzipatorisch angehauchten Liebesdrama auch keinen Qualitätsstempel verleihen.
Als Gabrielle (Marion Cotillard) dem verheirateten Dorflehrer feurige Liebesbriefe schreibt und ihm auf einer Feier zum Ende der Lavendel-Ernte auf dem französischen Land eine Szene macht, spielen ihre Eltern bereits mit dem Gedanken, sie in eine Nervenheilanstalt einzuweisen. Um diesem Schicksal zu entgehen, lässt sich die junge Frau Ende der 1930er Jahre mit dem spanischen Saisonarbeiter José (Alex Brendemühl) verheirateten, dem Gabrielle aber gleich gesteht, dass sie ihn nicht lieben wird. Tatsächlich geht in der Ehe Gabrielles frühere Leidenschaft völlig verloren, stattdessen leidet sie immer wieder unter starken Unterleibskrämpfen, die durch eine Kur in den Schweizer Alpen behandelt werden sollen.
Dort lernt sie den schwerkranken Indochina-Veteranen André (Louis Garrel) kennen, der in ihr verloren geglaubte Leidenschaften wiedererweckt. Doch auch diese Beziehung steht unter keinem guten Stern …
Nicole Garcia beginnt ihre recht freie Adaption des Agus-Bestsellers in der Gegenwart, als Gabrielle und José mit ihrem gemeinsamen Sohn zum Konservatorium in Lyon fahren, wo der junge Pianist bei einem Wettbewerb spielen soll. Auf dem Weg dorthin entdeckt sie einen Straßennamen, der sie sofort aus dem Wagen aussteigen lässt. In dem Haus, das sie in dieser Straße aufsucht, entdeckt sie im Hausflur einen vertrauten Namen. In der Rückblende wird die Vorgeschichte erzählt, das konservative Elternhaus beschrieben, Gabrielles Interesse an dem Dorflehrer, der ihr Emily Brontës „Sturmhöhe“ zum Lesen gibt, was sie irrtümlich annehmen lässt, dass der Mann ebenfalls leidenschaftliche Gefühle für sie hegt.
Aus dem Spannungsfeld zwischen Gabrielles erotischen Gelüsten, die sie in freizügigen Briefen festhält, und dem prüden gesellschaftlichen Umfeld erwächst schließlich die tragische Geschichte einer Vernunftehe, die in Gabrielle allmählich jedes Gefühl abtötet. Den Beischlaf mit ihrem Mann lässt sie regungslos über sich ergehen, danach geht das geregelte Leben nahezu emotionslos weiter. Und hier liegt auch die große Schwäche des Films, der wie ein seichtes Liebesdrama inszeniert ist, das nie die emotionalen Tiefen auslotet, in denen Cotillards Figur sich eigentlich bewegt. Denn die französische Stardarstellerin, die unter so prominenten Filmemachern wie Christopher Nolan („Inception“, „The Dark Knight Rises“), Robert Zemeckis („Allied: Vertraute Fremde“) und Michael Mann („Public Enemies“) spielen durfte, vermag der sexuellen Begierde, die ihre Figur empfindet, keinen glaubwürdigen Ausdruck zu verleihen. Einzig die frühe Szene auf dem Fest, das die folgende Geschichte einleitet, und die feurigen Liebesbriefe, aus denen immer mal wieder zitiert wird, geben einen Eindruck vom aufwühlenden Innenleben der um erfüllte Liebe ringenden Frau, doch Cotillard selbst bleibt in ihrer Darstellung überraschend verhalten.
Daran ändern auch die freizügigen Liebesszenen und gelegentlichen Wutausbrüche nichts. Zwar versucht der Film im Finale mit einer dramatischen Wendung noch die Genrekonventionen zu unterlaufen, verrät damit aber auch die letzte Glaubwürdigkeit der Geschichte. Ohne Oscar-Preisträgerin Marion Cotillard würde „Die Frau im Mond“ gänzlich unbeachtet in der Versenkung verschwinden.
Ganz blass bleiben zudem alle Männerfiguren, die nur als mehr oder weniger intensive Liebesobjekte angelegt sind. 
"Die Frau im Mond - Erinnerung an die Liebe" in der IMDb

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