No Sudden Move
Auch wenn sich Steven Soderbergh in seiner langjährigen Filmemacher-Karriere ganz unterschiedlicher Genres angenommen hat, steht sein Name doch vor allem für amüsant-vertrackte Krimi-Kost, wie er sie vor allem mit der prominent besetzten „Ocean“-Trilogie, aber auch mit Filmen wie „The Limey“ und „Logan Lucky“ präsentiert hat. Auch sein 2021 entstandener Neo-Noir „No Sudden Move“ reiht sich nahtlos in dieses Schema ein und überzeugt durch seinen klassischen Look, den cool groovenden Score von „Ocean“-Komponist David Holmes und dem gut aufgelegten Star-Ensemble.
Detroit, 1954. Curt Goynes (Don Cheadle) hat gerade seine Haftstrafe verbüßt, da gerät er schon wieder in Schwierigkeiten. Der zwielichtige Mittelsmann Jones (Brendan Fraser) bietet ihm 5000 Dollar für einen vermeintlich einfachen, nur wenige Stunden umfassenden Babysitter-Job und bringt ihn zunächst mit dem Kleinkriminellen Ronald Russo (Benicio Del Toro) und dann auch noch mit Charley Barnes (Kieran Culkin) zusammen, der seine beiden Mitstreiter darüber informiert, dass sie auf die Frau (Amy Seimetz) und die Tochter (Lucy Holt) des Autoverkäufers Matt Wertz (David Harbour) bewachen sollen, solange dieser ein Dokument aus dem grünen Firmentresor entwendet. Kompliziert wird die Sache nicht nur dadurch, dass Matt eigentlich mit der Sekretärin Paula (Frankie Shaw) seines Chefs durchbrennen will, es aber nicht schafft, seiner Frau reinen Wein einzuschenken, sondern dass er das Dokument nicht an die Geiselnehmer seiner Familie aushändigt. Charley überlebt die nachfolgende Auseinandersetzung im Haus der Wertz-Familie nicht, so dass sich Ronald und Curt wohl oder übel zusammenraufen müssen, um möglichst heil und wohlhabend aus der Sache herauszukommen, denn während sie einerseits das wertvolle Dokument finden wollen und den Auftraggeber ihres Auftraggebers zu identifizieren versuchen, um noch mehr Geld aus dem Deal herauszuschlagen, ist ihnen Detective Joe Finney (Jon Hamm) ebenso auf den Fersen wie die örtliche Mafia. Da tritt das Gauner-Duo die Flucht nach vorn an und sucht den verhassten Mafia-Boss Frank Capelli (Ray Liotta) und dessen Frau Vanessa (Julia Fox) zuhause auf…
Kritik:
Nach dem Drehbuch von Ed Solomon („Men In Black“, „Die Unfassbaren – Now You See Me“) hat Steven Soderbergh mit „No Sudden Move“ einen reinrassigen Neo-Noir inszeniert, der bereits durch das jazzig angehauchte, von David Holmes („Ocean’s Eleven“, „Haywire“) komponierte Hauptthema stimmungsvoll eingeführt wird. Die düstere Atmosphäre setzt sich nicht nur in den kaum ausgeleuchteten Kulissen fort, sondern vor allem in dem steten Unbehagen und Misstrauen, mit dem sich die einzelnen Protagonisten einander begegnen. Wie gerechtfertigt die spürbare Zurückhaltung gerade unter den drei zusammengewürfelten Kleinkriminellen ist, wird zunächst durch Charlys frühzeitiges Ableben manifestiert, zieht sich aber bis zum Schluss durch die zunehmend undurchsichtigere Story.
Solomon und Soderbergh haben sichtlich Freude daran, ihre unterschiedlichsten Figuren wie Marionetten durch die Szenerie zu führen und sie immer wieder mit überraschenden Wendungen zu konfrontieren, die durchaus auch tödlich ausgehen können. Soderbergh bewahrt dabei ein gemächliches Tempo, so dass diese Überraschungsmomente ihre Wirkung voll entfalten können. Das verschafft den Darstellern wiederum die besten Voraussetzungen, um voll in ihren Rollen aufgehen zu können, was Don Cheadle („L.A. Crash“, „Hotel Ruanda“) ebenso bravourös gelingt wie Benicio Del Toro („Die üblichen Verdächtigen“, „Sicario“), Jon Hamm („Mad Men“, „The Town – Stadt ohne Gnade“) sowie den Nebendarstellern wie Ray Liotta, Brendan Fraser, Frankie Shaw, Matt Damon, David Harbour, Amy Seimetz und Julia Fox. Mit zunehmender Spielzeit wirkt das konstruierte Verwirrspiel allerdings auch etwas übertrieben, als ermüdender Selbstzweck, was sich leider auch in dem etwas unspektakulären Finale ausdrückt. Doch bis dahin bietet „No Sudden Move“ elegant inszenierte Krimi-Kost mit überzeugendem Lokalkolorit auf hohem Niveau.
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