Kundun
Regie-Veteran Martin Scorsese zählt zu den vielseitigsten Filmemachern der Welt. In seinem umfangreichen Repertoire finden sich Psycho-Thriller wie „Kap der Angst“ und „Shutter Island“ ebenso wie Komödien („King Of Comedy“), Musicals („New York, New York“) und Gangster-Epen („GoodFellas“, „Departed: Unter Feinden“, „Gangs Of New York“). Bereits mit seinem umstrittenen Biopic „Die letzte Versuchung Christi“ demonstrierte Scorsese sein Interesse an Schlüsselfiguren des religiösen Lebens. 1997 verbeugte er sich mit „Kundun“ vor dem 14. Dalai Lama.
Nachdem der 13. Dalai Lama das Zeitliche gesegnet hat, durchqueren buddhistische Mönche ganz Tibet, um schließlich in dem zweijährigen Bauersjungen Tenzin Gyatso die nachfolgende Inkarnation ihres geistigen Führers zu finden, da dieser zielsicher die Gegenstände des Verstorbenen zu identifizieren vermag. In Tibets Hauptstadt Lhasa wird der aufgeweckte Junge auf seine zukünftige Rolle als politischer wie spiritueller Führer seines Landes vorbereitet, doch schon als 15-Jähriger muss er sich profilieren, als die Kommunisten nach ihrem Sieg im chinesischen Bürgerkrieg Tibet wieder in ihr Reich eingliedern wollen. Wie geplant wird „Kundun“ – so die Ehrenbezeichnung für den Dalai Lama - im Alter von 18 Jahren zum Oberhaupt der tibetischen Volkes gekürt, doch da er nicht vom Prinzip der Gewaltlosigkeit abweichen will, muss er 1959 ins indische Exil gehen …
Nach dem vom Dalai Lama persönlich autorisierten Drehbuch von Melissa Mathison („E.T. – Der Außerdirdische“, „Der Indianer im Küchenschrank“) hat Martin Scorsese eine audiovisuelle Meditation über das Leben des 14. Dalai Lama inszeniert, die sich gar nicht bemüht, historisch korrekt zu sein. Dafür ist Scorseses Biopic doch zu einseitig und unkritisch ausgefallen.
Was „Kundun“ aber fraglos auf der Habenseite verbuchen kann, ist der grandiose Einsatz sämtlich zur Verfügung stehender filmischer Mittel, um das Wesen des Buddhismus in ätherisch berauschenden Formen zu verewigen, angefangen mit den warmen Farben von Kameramann Roger Deakins („Skyfall“, „No Country For Old Men“) über die gediegenen Kostüme und Szenenbilder von Dante Ferretti („Sweeney Todd“, „Shutter Island“) bis zum meditativen Score vom minimalistischen Philip Glass („Candyman“, „Koyaanisqatsi“).
Scorsese hat die herausragenden Fähigkeiten dieser Schöngeister auf eine Weise zusammengeführt, die „Kundun“ zu einem ekstatischen Fest der Sinne macht, das seine inhaltlichen Defizite durch eine einzigartige Ästhetik wettmacht.
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