Heißes Eisen
Gleich mit seinem US-Debüt „Blinde Wut“ (1936) hat der in Wien geborene Filmemacher Fritz Lang einen bemerkenswerten Beitrag zum Genre des Film noir geleistet, dem bis Mitte der 1950er Jahre noch einige weitere Höhepunkte folgen sollten. Neben „Gehetzt“ (1937), „Ministerium der Angst“ (1944) und „Im Geheimdienst“ (1946) zählt vor allem „Heißes Eisen“ (1953) dazu, der bereits den Weg zum Genre des Polizeifilms ebnet.
Als Bertha Duncan (Jeannette Nolan) ein Schuss im Haus hört, entdeckt sie am Schreibtisch im Arbeitszimmer die Leiche ihres Mannes Tom, den Leiter des Polizeiarchivs. Neben der Pistole, mit der er sich erschossen hat, findet sie einen Brief an den Bezirksstaatsanwalt, den sie kurz überfliegt, dann an sich nimmt und schließlich den Geschäftsmann Mike Lagana (Alexander Scourby) anruft. Nachdem sie ihm berichtet hat, dass ihr Mann Beweise für Laganas zwielichtige Aktivitäten gesammelt habe, rät er ihr, die Polizei zu informieren. Detective Dave Bannion (Glenn Ford) vom Morddezernat erfährt von der Witwe, dass ihr Mann offenbar krank gewesen sei, sich in letzter Zeit nicht wohl gefühlt und deshalb Selbstmord begangen habe. Tom Duncans Tod wird zunächst als Selbstmord behandelt, doch dann erhält Bannion einen Anruf von Lucy Chapman (Dorothy Green).
Bannion trifft sich mit der Bardame an ihrer Arbeitsstelle und erfährt, dass Duncan weder krank gewesen sei noch sich umgebracht habe, sondern mit ihr eine glückliche Affäre unterhalten habe. Als Bannion die Witwe seines Kollegen erneut aufsucht und sie mit Lucy Chapmans Aussage konfrontiert, räumt sie ein, dass ihr Mann ihr untreu gewesen sei. Wenig später erfährt Bannion nicht nur, dass Lucy Chapman gefoltert und getötet wurde, sondern wird von seinem Chef, Lt. Ted Wilks (Willis Bouchey), auch noch aufgefordert, Bertha Duncan nicht weiter zu behelligen. Währenddessen schickt Lagana mit Vince Stone (Lee Marvin) seinen Mann fürs Grobe darauf an, für Ordnung zu sorgen. Da das auch Bannion betrifft, setzt er zum persönlichen Rachefeldzug gegen Lagana an und darf dabei auf die unerwartete Mithilfe von Stones missachteter Geliebten Debbie Marsh (Gloria Grahame) zählen …
Kritik:
Um sich gegen den Siegeszug des Fernsehens zu behaupten, waren die großen Hollywood-Studios darauf angewiesen, neue Konzepte zu finden, um die Menschen wieder ins Kino zu führen. Dazu zählten auch Polizeigeschichten sowie die Methoden der Verbrechensbekämpfung. Columbia sicherte sich für die Rechte an William P. McGiverns Roman „The Big Heat“, der ab Dezember 1952 als siebenteilige Fortsetzungsgeschichte in der Saturday Evening Post erschien und vom Polizeireporter Sydney Boehm zu einem Drehbuch verarbeitet wurde. Allerdings steckte Columbia gerade in seinem Prestigeprojekt „Verdammt in alle Ewigkeit“, so dass für „Heißes Eisen“ keine großen Stars verpflichtet werden konnten. Glenn Ford („Flucht nach Texas“, „Gilda“) steht im Mittelpunkt des Krimi-Dramas, das Lang selbst als „Anklage gegen das Verbrechen“ inszenierte, wobei er weniger die Gewalt an sich in den Vordergrund stellt als ihre Auswirkungen. Dabei spielen vor allem die vier unterschiedlichen Frauen Debby Marsh, Bertha Duncan, Katie Bannion und Lucy Chapman entscheidende Rollen, um Bannions Kampf gegen Lagana voranzutreiben.
Lang bleibt aber stets dicht bei seinem Protagonisten, den er als Identifikationsfigur etabliert. Wird er zunächst als fürsorglicher Familienvater präsentiert, der sich aber auch ganz dem Kampf gegen das Verbrechen verpflichtet fühlt, treiben ihn die Ereignisse immer weiter in eine Spirale aus Gewalt, in der bald nur noch das biblische Prinzip von Auge um Auge, Zahn um Zahn regiert.
Neben Glenn Ford, der überzeugend den aufrechten Polizeibeamten mimt, der sich weder von der Korruption in den eigenen Reihen noch von Laganas Einschüchterungsversuchen vom Weg abbringen lässt, ist es vor allem die zuvor mit einem Oscar für die Beste Nebendarstellerin in Vincente Minnellis „Stadt der Illusionen“ ausgezeichnete Gloria Grahame als misshandelte Geliebte von Laganas Handlanger Vince Stone, die dem Krimi-Drama seine psychologische Tiefe verdankt.
Zwar gilt „Heißes Eisen“ als Meisterwerk des Film noir, doch verwendet Lang kaum die entsprechenden Stilmittel, bedient sich stattdessen einer ausgewogenen Beleuchtung, um die Aufmerksamkeit des Publikums nicht von der Geschichte abzulenken. Die stringent packende Inszenierung, der realistische Ton, die hervorragenden Darstellerleistungen und der hoffnungsvolle Ausklang machen „Heißes Eisen“ zu einem der besten USA-Werke von Fritz Lang.
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