Bereits mit seinen ersten Filmen „Detektive“, „Rote Sonne“
und „Supergirl“ hat Rudolf Thome seit Ende der 1960er Jahre eigenwillige
Werke inszeniert, die jenseits des etablierten Filmgeschmacks ihr Publikum fanden,
aber nie die Anerkennung erhielten, wie sie Thomes Weggefährten wie Wim
Wenders, Volker Schlöndorff oder Rainer Werner Fassbinder erfuhren.
Das trifft insbesondere auf Thomes vierten Film, „Fremde Stadt“
(1972), zu, der bewusst als B-Movie konzipiert war und kläglich an den Kinokassen
scheiterte, so dass sich der Filmemacher aus der Schwabinger Szene
verabschiedete und nach Berlin zog.
Inhalt:
Nachdem der Bankangestellte Franz Lerchenfeld (Roger
Fritz) zwei Millionen Mark aus einer Düsseldorfer Bank veruntreut hat, ließ
er in Afrika etwas Gras über die Sache wachsen. Nun kehrt er mit einem Koffer
voller Geld als Philipp Kramer nach Deutschland zurück und sucht seine frühere Lebensgefährtin
Sybille (Karin Thome) und dem gemeinsamen Sohn Michael in München auf,
wo er sich ein billiges Hotelzimmer genommen hat. Den Koffer mit dem Geld verstaut
er dann in einem Schließfach am Bahnhof. Als Gegenleistung dafür, dass Sybille
das Geld über ihr Konto sauberwaschen lässt, fordert sie die Hälfte des
Diebesguts. Als Franz unwissentlich mit markierten Scheinen bezahlt, ruft das Mitwisser
aus Düsseldorf auf den Plan, die ihn daraufhin erpressen und Michael entführen.
Doch nicht nur Ossi Renz (Werner Umberg) ist auf die Beute scharf, auch
der ermittelnde Kommissar Fischer (Peter Moland)…
Kritik:
Auch wenn Einflüsse aus dem amerikanischen Genrekino nicht zu
verhehlen sind, bewegt sich „Fremde Stadt“ mit seinen kontrastarmen
Schwarzweiß-Bildern doch jenseits des klassischen Heist-Movies. Der Diebstahl
des Geldes ist nämlich schon Geschichte. Thome und sein angestammter
Drehbuchautor Max Zihlmann geht es nicht um die Verübung oder
Vertuschung eines Verbrechens, sondern allein um die Art und Weise, wie die
Beteiligten mit dem Coup und den daraus resultierenden Schwierigkeiten umgehen.
Da ist allerdings keine Unruhe, keine Hektik im Spiel. Wenn sich Franz und die
als Psychotherapeutin arbeitende Sybille über das Geld unterhalten, geschieht
dies ganz unaufgeregt, selbst als Ossi Renz in Sybilles Praxis auftaucht und
die Sprechstundenhilfe mit vorgehaltener Pistole in einen Nebenraum einschließt.
Es scheint sich für alles eine Lösung zu finden. Bis dahin verkörpern Franz,
Sybille und Michael die perfekte Familienidylle – bis zum überraschenden,
ironisch gefärbten Finale.
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